Fünf Leckerbissen für die Kleinkunstszene

von Redaktion

„Kultur pur“ in Rosenheim begeistert erneut mit abwechslungsreichem Programm

Rosenheim – Seit 23 Jahren schafft es Werner Rösler, „Leckerbissen der Kleinkunstszene“ nach Rosenheim zu holen. So schnell wie dieses Jahr, ging dies nach seinen eigenen Angaben aber noch nie: „Innerhalb von einer Woche im Januar stand das komplette Programm“. Gleich, ob seit Langem in der Szene aktiv oder noch unbekannt – für den Organisator der etablierten Veranstaltungsreihe „Kultur pur“ zählt die Qualität.

Kleinkunst: Das ganze
Feld auf einen Schlag

Das Schöne an „Kultur pur“ – die Abwechslung. „Zauberer, Clowns, Kabarettisten, Liedermacher, Poetryslamer oder Musiker, das ganze Feld der Kleinkunst findet einmal jährlich im TAM Ost in Rosenheim eine Bühne, und Kleinkunstfans einen Schmankerlgarten. Diesmal begeisterten der bayerische Kabarettist Wiggerl, der Münchner Liedermacher, Gitarrist und Sänger Liann, die pfiffige Musikkabarettistin Sara Brandhuber, das Akustik-Trio LaLunaBlue und der Kabarettist und Stand-up Comedian Bumillo die treuen Gäste im seit Langem ausverkauften Theater am Markt.

Ein Gebiss zum
Platzerlausstechen

Den Anfang machte Wiggerl, alias Martin Wichari, wohnhaft in der Nähe der „Rentnerwaschanlage“ im Erdinger Moos. Voller Humor erzählt Wiggerl von seinem stets zu Späßen aufgelegten Opa „zum Platzerl-ausstechen hat er uns Buam sei G`biss zu Verfügung gestellt“, und seiner lebenslustigen Oma, die mit über 80 Jahren nach dem BSE-Skandal auf Rindfleisch verzichtete, „nicht, dass sie daran noch stirbt“.

Er plaudert über die Neandertalerbehaarung in seiner Jugend und deren Vorteil, dass man beim „Schnackseln wie bei einem Klettverschluss verhakte“. Die Dauerwelle seiner ersten Freundin Sabine erinnerte ihn an eine „explodierte Klobürste“ und dass sein Kumpel zum Open Air-Konzert von AC/DC ein ADAC-T-Shirt trug, brachte ihn auf die glorreiche Marketing-Idee eines eigenen AD/AC-Shirts „fällt fast niemandem auf“. Etwas ruhiger, jedoch nicht weniger unterhaltsam war der Auftritt von Liann. „Hier steht ein kleiner Leckerbissen vor euch“, begrüßte der smarte Münchner aus der Pestalozzistraße die Zuschauer. Seine Lieder von Liebe, Freundschaft, Einsamkeit und Fremde wie „Eismann“ oder „Eva“ erzählen tiefgründige Geschichten, ohne dabei ins Melancholische abzuschweifen. Vielmehr bezieht er sein Publikum durch Mitsing-Animationen in sein Programm ein und ist von dem „TAM-Ost Gesangsverein“ hellauf begeistert.

Eine „Fast-Mörderin“ mit der Bratpfanne

Sara Brandhuber stellte Moderator Rösler mit den Worten vor: „Seit sie auf der Welt ist, hat sie den Mund immer offen.“ Die lebenslustige, vor Energie sprudelnde junge Mutter aus dem Erdinger Moos wurde 2017 mit dem bayerischen Dialektpreis ausgezeichnet – gerechtfertigt, denn ihre spritzigen, einfallsreichen, teils skurrilen Texte sind allesamt in bestem Bayerisch verfasst. Urkomisch singt sie von „Unfällen“, deren Fazit stets lautete: „I war des fei ned“ – begleitet von einem recht unschuldigen Geschau. „Des G’schau muass, sei, sonst glaubt’s dir koana“, so der Tipp der sympathischen Kabarettistin, die ihre Lieder selbst auf ihrer Gitarre begleitet. Gleich ob sie von einer Bratpfannenfastmörderin, Gattin, Herzbuben, Uschi Glas, Trump, Ribery oder Tiger Woods handeln, die Texte und die Interpretationen sind stets mitreißend, spritzig, witzig, gut.

Nach der Pause begeistert „La Luna Blue“, ein akustisches Trio aus dem Raum Rosenheim, das Publikum. Hanna Specht (Gesang, Percussion, Glockenspiel, Sopranukulele), Victor Ruiz (Gitarre) und Michael Memminger (Bassukulele entführten ihre Zuhörer mit ihrem breiten Repertoire aus Bossa, Pop, Jazz, Folk, Oldies und Rock’n’Roll auf Urlaubsreisen oder ließen sie in Erinnerungen an ihre Jugend schwelgen. Das allerdings bei dem Rate-Songspiel bereits nach zwei Tönen AC/DC mit Highway to Hell erkannt wurde, überraschte selbst die Vollblutsängerin mit der klaren, sauberen, sanften Stimme. „Dabei sind wir eher der Elevator to Hell, statt eine Autobahn.“ Gleich ob Eigenkomposition oder freie Interpretationen – „She’s got it“.

Zum Dessert geht’s
„die Rutsche rauf“

Zum Dessert der kulturellen Leckerbissen tischte der in München lebende Kabarettist und Poetry-Slam-Meister Bumillo Passagen seines zweiten Soloprogramms „Die Rutsche rauf“ auf. Im „Fifty Shades of ,basst scho‘“ analysiert der zweifache „Bixnmacher“ treffend die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten dieser zwei Wörter. Zugleich warnt er vor den gefährlichen kleinen Brüdern „wird scho passen“ und „des miassat hi haun“, die als „kupitiver Optativ“ (Wunsch) auch in „Murphys Law“ enden können. Mit atmosphärischem Hintergrundsound und meditativem TAM Ost Chor „OOOM“ beendet Bumillo den fürs Publikum zu kurzen Auftritt und die „Kultur pur“ mit einer amüsanten, tiefgehenden „München-Meditation“.

Artikel 1 von 11