Amerang – Hinsichtlich des gemeinsamen Gastspiels mit den Munich Opera Horns auf Schloss Amerang stellten die Grassauer Blechbläser mit dem selbstbewussten Titel „The Masters of Brass“ schon vorab klar, wo der Hammer hängt. 2020 wird das Grassauer Ensemble 40 Jahre alt. Es gilt als Synonym für satten Bläsersound, witzige Interpretationen und ansteckende Spielfreude. Seit 2004 leitet Wolfgang Diem das Ensemble. Er rekrutiert an der örtlichen Musikschule den talentierten Nachwuchs.
Örtliche Musikschule
als Talentschmiede
Den jungen Sebastian Krause zum Beispiel, der bei den Grassauern ins Horn bläst. Oder Andreas Kapellner, 1992 in Traunstein geboren und in Grassau aufgewachsen. Er belegte bei Diem das Fach Tenorposaune und wechselte anschließend zur Bassposaune und dem Lehrer Johann Schmuck – der wiederum seit 1998 im Ensemble spielt. Auch Christian Loferer erhielt seinen ersten Hornunterricht bei Wolfgang Diem in Grassau, bevor er zum Hornstudium in die Landeshauptstadt ging. Seit 2005 ist Loferer festes Mitglied im Bayerischen Staatsorchester – und Teil der „Munich Opera Horns“, die sich 2007 gründeten, um jenseits der Opernroutine neue, gleichberechtigte Formen des Spiels zu entwickeln. In Amerang wurden die Munich Opera Horns durch Stefan Böhning, den jungen Schweizer Pascal Deuber und Rainer Schmitz vertreten. Als Hoher Hornist im Bayerischen Staatsorchester mischt Letzterer in den unterschiedlichen Bläserensembles der Bayerischen Staatsoper mit und ist Gründer des Attacca-Jugendorchesters.
Das „Meisterkonzert“ auf Schloss Amerang startete feierlich mit der großen „Mozart-Fanfare“ opus 55 von Joseph Messner, arrangiert vom Grassauer Trompeter Matthias Linke. Mit der „Sonata pian‘ e forte“ von Giovanni Gabrieli, dem frühesten uns bekannten Instrumentalstück, das spezifisch für Blasinstrumente verfasst wurde, spielten die Grassauer einen Klassiker aus ihrem Repertoire. Eigentlich für ein Sinfonieorchester konzipiert, sind die „Antiche danze ed arie per liuto“ (Alte Tänze und Weisen für Laute) von Ottorino Respighi, dem führenden Vertreter der neueren italienischen Instrumentalmusik. Im Arrangement von Matthias Linke hatten vor allem die Trompeter, die Instrumente unterschiedlicher Größen zu bedienen hatten, alle Hände voll zu tun. Die „Sinfonia in C-Dur“ von Johann Melchior Molter, einem Zeitgenossen Johann Sebastian Bachs, bot den vier Hornisten eine Bühne für ihr harmonisches und punktgenaues Zusammenspiel. Mit der Ouvertüre zu Verdis „Nabucco“ sorgte das Blechbläserensemble für Arena-Feeling im Arkadeninnenhof, bevor sie sich, begleitet von großem Applaus und einem enthusiastisch gerufenen „Bravissimo“ in die Pause verabschiedeten.
Bravissimo-Rufe aus
dem Arkadeninnenhof
Anschließend wurde großes Geschütz in Form eines mehrere Meter langen Alphorns aufgefahren, in das Diem routiniert blies und mit den Grassauern die elegant verspielte Klang-Collage „Rundumadum“ von Hans Kröll zu Gehör brachte. „Wachet auf“ mahnte das nächste Stück, für das sich die vier Hornisten flugs dazugesellten. Die Melodie hat Bach zwar nicht selbst erfunden, doch in seine Kantate 141 eingefügt – die Nachwelt dankt es ihm. Die Gefahr einzuschlafen, bestand angesichts des abwechslungsreichen und kurzweiligen Programms zu keiner Zeit. Mit zwei Stücken aus Felix Mendelssohn-Bartholdys „Ein Sommernachtstraum“ wurde es romantisch im Schloss. Sebastian Krause demonstrierte als Solist in „Notturno“ die besondere Brillanz des Althorns und kredenzte dem Publikum überdies ein witziges Gedicht über den Kuss als Hochgenuss – als Übergang für den folgenden „Hochzeitsmarsch“. Von der Hochzeitszeremonie zum festlichen Umtrunk ist es nicht weit und so ließ die „Baumburger Klosterweise“ von Rupert Schmidhuber, dem Dienstältesten der Grassauer, abschließend von einem frischgezapften Bier träumen.Angela Pillatzki