„Mein Tod auf jeder Titelseite“

von Redaktion

Interview Bill Mockridge über sein Lindenstraßen-Ende und Filmmusik

Rosenheim – Er erlebte als Erich Schiller zusammen mit seiner „Lindenstraßen“-Partnerin Helga Beimer schier endlose Aufs und Abs, ist bekannt als Comedian und Kabarettist. Am 4. Februar kommt Bill Mockridge nach Rosenheim – um mit großem Orchester große Filmmusik von Hans Zimmer und John Williams zu präsentieren. Mit den OVB-Heimatzeitungen sprach Bill Mockridge über sein „Lindenstraßen“-Ende, den Erfolg seines Sohns Luke Mockridge, und über Reisen mit „Fluch der Karibik“.

Bevor wir über große Filme sprechen, schauen wir erstmal zur Soap Opera. Wie sind Sie damals über den Tod von Erich Schiller in der „Lindenstraße“ hinweggekommen?

Ich bin über diesen Tod sehr gut hinweggekommen. Wobei es nicht mein Wunsch gewesen war, aus der „Lindenstraße“ auszusteigen. Ich wurde sozusagen ausgestiegen, indem ich getötet wurde. Ich hatte versucht, das abzuwenden, aber die Produzenten wollten die Serie verjüngen. Was ich nicht für klug halte, aber ich musste mit der Entscheidung leben.

Immerhin, die Anteilnahme war enorm…

Mein Tod wurde auf der Titelseite jeder Zeitung gemeldet, als ob da ein echter Mensch gestorben wäre. Das hat mich sehr berührt. Ich hab damals zu meiner Frau gesagt: Wenn ich tatsächlich sterbe, kommt das wahrscheinlich auf der letzten Seite im Wochenblatt. Dass die Leute so mit der Serie und dieser Figur gelebt und gelitten haben, ist auch eine Bestätigung. Mein Team habe ich natürlich sehr vermisst, die Schauspieler, die Kameraleute und die andern Menschen, die da mitgearbeitet haben. 35 Jahre lang war das eine große Familie.

War dieser TV-Tod auch ein bisschen Befreiung? Sie sind als Künstler mehr als nur Erich Schiller…

Das möchte ich aber auch behaupten! Bei der „Lindenstraße“ spielte einfach diese lange Zeit, in der man in diese Rolle schlüpfen durfte, eine große Rolle. Aber ich habe auch das Improvisationstheater nach Deutschland gebracht, in den 80er- Jahren war das. Ich bin nach wie vor Produzent und Regisseur des Kabaretts „Springmaus“, habe viele Solo-Abende als Comedian und Kabarettist gemacht. Insofern war die „Lindenstraße“ ein Bein neben vielen anderen Beinen. Das Leben geht weiter, aktuell stehe ich zum Beispiel mit meiner Frau auf der Bühne, „Hurra, wir lieben noch“, dann habe ich „Mord mit Ansage“, das ist ein Impro-Comedy-Format. Sie sehen, ich habe ganz gut zu tun. Das freut mich sehr. Allerdings: Die „Lindenstraße“, diese Chance auch, so lange Zeit in einer Serie mitzuspielen – das ist schon eine absolute Ausnahme.

In Ihrer Familie gibt es einige Künstler. Gibt es gemeinsame Bühnenpläne?

Wir hatten schon eine eigene Serie, da war die ganze Familie zu sehen. Mit den Jungs und meiner Frau zusammen vor der Kamera zu stehen, hat tatsächlich viel Spaß gemacht. Bühne wäre natürlich etwas anders, und tatsächlich denken wir über eine Bühnenproduktion nach. Das Problem liegt darin, dass Luke gerade wahnsinnig viel im Fernsehen ist, und Jeremy, unser Schauspieler, ist am Deutschen Theater in Berlin engagiert und hat dort viele Aufgaben. Also, das ist eigentlich ein logistisches Problem.

Ihr Sohn Luke Mockridge hat viel zu tun und mit „Luke! Die Greatnightshow“ eine eigene Show. Sind Sie als Vater und Kollege zufrieden?

Ich bin zufrieden, Luke macht einen großartigen Job. Er ist extrem fleißig und sehr talentiert, und er hat ein gutes Team um sich herum, das ihn auch gut berät. Mein Wunsch als Vater wäre, dass er mal weniger tut. Das möchte er vielleicht auch, aber er hat so viele Talente, und die möchte er ausleben. Ich behaupte, dass er seine Talente auf der Bühne am besten ausleben kann. Er liebt den direkten Kontakt mit dem Publikum.

Den haben Sie auch, etwa, wenn Sie Filmmusiken von John Williams und Hans Zimmer präsentieren. Haben Sie eine Lieblingsfilmmusik?

Ich bin ein großer Fan von „Star Wars“ und von „Fluch der Karibik“. Es ist großartige Musik. Die Musik zur Liebeszene von Han Solo und Prinzessin Leia zum Beispiel, die ist von Tschaikowsky inspiriert. Wenn Darth Vader auftritt, hört man ein bisschen „Ring des Nibelungen“ Und „Fluch der Karibik“: Das ist großartige Musik, die einen sozusagen auf eine Reise mitnimmt. Ich will die Menschen an diesem Abend abholen, ihnen Infos und Einblicke in die Inspiration der Komponisten geben, damit sie besser vorbereitet sind, wenn sie dann die Musik hören. Ich hoffe, dass ich diese Brücke schlagen kann.

Ja, der „Ring des Nibelungen“: Schade, dass es zu Zeiten von Richard Wagner kein Kino gab…

Ja, fast tragisch, sehr schade jedenfalls (lacht), was hätte der für großartige Musik fürs Kino gemacht.

Von der Filmmusik zum Musik-Film: Kennen Sie denn ein Musikstück, zu dem der passende Film erst noch gedreht werden müsste?

Ähm (überlegt). Das ist schwierig. Da gibt es eine solche Riesenbandbreite. Ich wüsste da viele Musiken. Darunter viele Lieder der Beatles… „Yesterday“ zum Beispiel. Was ist die Geschichte, was war gestern so wichtig, dass man so ein geniales Lied darüber schreibt? Oder: Was ist die Geschichte hinter „Eleanor Rigby“?

Die Frau, die ihr Gesicht in einem Krug an der Tür aufbewahrt…

…ja, und in der Kirche stirbt und zusammen mit ihrem Namen begraben wird. Die Geschichte würde ich gerne sehen.

Wissen Sie schon, was Sie am 29. März des nächsten Jahres machen?
An diesem Tag endet
die „Lindenstraße“ für immer!

Ich werde da ganz bestimmt mit meinem Ensemble und den Produzenten zusammensein. Wir werden gemeinsam auf ein wirklich großes Kapitel Fernsehgeschichte zurückblicken.

Auch wo Sie am 4. Februar sein werden, wissen Sie schon.

Ja, in Rosenheim. Ich freue mich auf die Stadt, ich werde früher kommen, um ein bisschen durch die Straßen und Gassen zu schlendern. Ich werde versuchen, zusammen mit einem 50-Mann-Orchester einen wunderbaren Abend zu gestalten. Es gibt Musik, viel Licht und viele Effekte. Also, ich freue mich auf einen großartigen Tag!

Interview Michael Weiser

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