Rosenheim/Erl – Zum Auftakt des Beethovenjahres 2020 brachte der britische Pianist Paul Lewis im Festspielhaus Erl drei Werke des Jubilars zum Erklingen, darunter die berühmte „Mondscheinsonate“. Nach der Pause spielte Lewis die G-Dur-Klaviersonate op. 78 von Schubert.
Beethovens Sonaten des Opus 27 könnten unterschiedlicher kaum sein. Im Vergleich zur populären cis-Moll-Sonate mit ihrem wehmütigen Adagio sostenuto verströmen die ineinander übergehenden Sätze der Es-Dur-Sonate wegen ihrer einheitlichen Stimmung einen hellen Zauber. Bereits das liedhaft einfache Andante interpretierte Lewis mit weichem Anschlag und großer Einfühlung. Der triumphale Schluss des zweiten Satzes bildete zur pathetischen Melodie im Andante und dem lustigen Finale einen effektvollen Kontrast.
Die Fantasie in g-Moll op.77, die Lewis entgegen des ursprünglichen Programms sinnigerweise an zweiter Stelle spielte, ist ein fesselndes Musikstück, das Beethovens hohe Improvisationskunst zeigt. Die abwärts stürzenden Zweiunddreißigstel mit der überraschend folgenden kurzen Adagio-Phrase im ersten Satz spielte der Pianist mit meisterhafter Brillanz. Nach feierlichen Passagen, unwirschen Presto-Einschüben und einem starren Adagio-Motiv entwickelte sich eine berückende, bis zum Schluss dominierende Melodie, die er mit großer Zartheit zu Gehör brachte.
Vor der Pause erklang die cis-Moll-Sonate op.27 Nr. 2, die wegen ihres träumerischen ersten Satzes den Namen „Mondscheinsonate“ trägt. Das Adagio interpretierte der Pianist mit großer Ausdruckstiefe und ruhiger Noblesse. Nach dem lieblichen Scherzo bannte Lewis das Publikum, in dem er das Presto Agitato in einem leidenschaftlichen Rausch erklingen ließ.
Die Schubert-Sonate in G-Dur op.78 berührte durch ihre zarten Lyrismen und eine eingängige Melodik. Lewis schuf immer wieder magische Momente, etwa im fantasievollen ersten Satz, einem lyrischen Stimmungsbild, dessen Hauptthema er mit Empfindsamkeit zu Gehör brachte. Die oft wie zu schweben scheinende Musik kam gleichsam aus der Stille. Meisterhaft gelang es dem Pianisten, das idyllische Hauptthema zu einem erschütternden Schicksalslied zu wandeln.
Wies das Andante eine lyrische Schlichtheit auf, berührte das Scherzo durch eine Ländlermelodie. Zu Herzen ging das Rondo, das er in zartem Pianissimo ausklingen ließ. Nach dem begeisterten Beifall bedankte sich der Pianist mit dem Allegretto von Schubert.