Rosenheim – Bärtige russische Männer reparieren mit einfachen Mitteln riesige Maschinen – draußen tobt der Schneesturm. Im Kontrast zu den immer beliebteren Antarktis-Luxuskreuzfahrten zeigte der Wahl-Endorfer Andreas Sanders in Marias Kino seinen in den Jahren 2001 und 2002 entstandenen Dokumentarfilm „Treck der Verwegenen“ und kommentierte die Bilder live von der Bühne.
Sanders ist Diplom-Geologe und organisierte drei Jahre lang in einem Projekt des Wegener-Polarinstituts die Rückführung von rund 1000 Tonnen technischen Materials verschiedener internationaler Antarktisstationen. Nachdem er von einer spektakulären russischen Versorgungsexpedition gehört hatte, schloss er sich als Dokumentarfilmer an, wobei ihm seine Zusatzqualifikation als Mechaniker und Raupenpilot half. Im Format 4:3 zeigten seine Bilder die Anreise zur Antarktis mit einem russischen Eisbrecher, der zwei Transporthubschrauber und viel technisches Material, Lebensmittel und Diesel geladen hat. An der Station Mirny überwintert das Team und führt Reparaturen aus.
Es wird viel improvisiert: Für neue Zylinderkopfdeckel stanzt ein Spengler passende Stücke aus Keksdosen aus und baut diese ein. In unglaublichen Werkstätten schrauben und schweißen die russischen „Polarniks“.
Höhepunkt der Doku ist die aus zehn metallmonsterhaften Kettenfahrzeugen bestehende Versorgungskarawane, die die Reise über 1410 Kilometer und 3500 Höhenmeter zur kleinen Station Vostok antritt, dem Kältepol der Welt mit Temperaturen von über 50 Grad minus.
Die Tour ist riskant: Getriebe werden unterwegs geschrottet, ein Gefährt kippt im Schnee um, die Männer richten es mit Seilwinden wieder auf. Nach einem Notruf aus Vostok wegen der immer heikler werdenden Energieversorgung bilden drei schnellere Fahrzeug-Ungetüme die Vorhut – Sanders ist einer der Fahrer.
Nach 53 Tagen und vielen Strapazen gelangt der Treck endlich zur Station, zwei Tage vor dem Limit und einer eventuellen Evakuierung der Station. „Warum gibt es dort überhaupt diese Station und wieso erfolgt die Versorgung auf dem Landweg?“, wollte man in einer Fragerunde wissen. Sanders holte mit seinem Polar-Fachwissen aus: In Vostok werde zum einen wichtige Umwelt- und Klimaforschung geleistet. Der Grund für den Landtransport sei in erster Linie eine Kosten- und Sicherheitsfrage. Die aktuelle Umweltsituation sei charakterisiert von Abschmelzen des Eises im westlichen Teil der Antarktis und noch immer gebe es viel Material zum Wiedermitnehmen. Von einem scheint der weiße Kontinent auf Dauer verschont zu bleiben, nämlich von der Rohstoffexploration, denn diese sei aus Sicht der Industrie sowieso viel zu teuer.
Die vielen, trotz Wanderwetter erschienenen Kinobesucher, staunten wegen der abenteuerlichen Arbeitsbedingungen am Pol und schmunzelten über einige Anekdoten, mit denen Sanders seinen Vortrag unterhaltsam würzte.