Halfing – Die Zuschauer bei den Opernfestspielen Immling hätten sich heuer freuen können auf „Madama Butterfly“ von Puccini, auf „La Cenerentola“ von Rossini, auf „Falstaff“ von Verdi und eine Barockoper von Vivaldi. Aufgrund der Corona-Pandemie muss nun all dies auf nächstes Jahr verschoben werden, wie Festspielintendant Ludwig Baumann jüngst verkündet hat. Die OVB-Heimatzeitungen haben mit ihm gesprochen. Der Gesprächstermin hatte sich kurzfristig verschoben, weil ein Telefongespräch mit einem Sponsor dazwischenkam: Ludwig Baumann hat viel Gesprächsbedarf zurzeit.
Lieber Herr Baumann, was bedeutet diese Entscheidung für die Opernfestspiele Immling?
In den letzten Wochen hatte es sich ja schon abgezeichnet, dass das Zusammentreffen von vielen Menschen bei uns einfach nicht möglich sein wird: 800 Menschen müssten mit dem Bus bis zu uns rauffahren und über 100 Menschen wären auf der Bühne versammelt. Das bedeutet für uns: Wir müssen jetzt kämpfen, dass wir das überleben. Wir haben schon 8000 Tickets verkauft, entweder gibt es dafür Gutscheine oder man muss eventuell auch das Geld zurückzahlen, das weiß ich jetzt noch nicht. Wir haben beschlossen, dass wir das Festival von diesem Jahr eins zu eins auf nächstes Jahr umsetzen. Da haben wir ja das 25-jährige Jubiläum, deshalb werden wir noch einige Überraschungen haben: noch eine Oper und ein Jubiläums-Gala-Konzert.
Was heißt das alles für die Künstler?
Die Künstler kommen ja aus Moskau, aus Brasilien, aus Spanien und Polen – wir hätten sowieso Probleme bekommen, dass die alle einreisen können. Die Sänger sind alle fest angestellt bei uns, mit Lohnsteuer, mit Krankenversicherung und allem drum und dran. Wir haben uns da abgesichert. Die kriegen auch Geld, wenn sie nicht singen.
Kommen die auch alle im nächsten Jahr wieder?
Da sind wir gerade dabei, das zu klären. Ich habe ja schon zwei Opern im Februar und Anfang März fertig geprobt, die Barock-Oper und „Madama Butterfly“. Eigentlich – wenn wir eine Öffnung bekommen hätten – hätte ich in kürzester Zeit die beiden Opern spielen können. Aber mit eineinhalb Meter Abstand und Gesichtsmasken: Das macht alles gar keinen Sinn. Es macht auch keine Freude, sich Opern anzuhören, wenn alle Angst haben.
Ist denn der Kultusminister Bernd Sibler wirklich interessiert an dem Ganzen?
Er wäre ja auch unser Schirmherr gewesen und hätte die Eröffnungsrede gehalten. Ich habe natürlich Kontakt zu den Leuten, die unsere Geldgeber sind, der Abteilung für alle nichtstaatlichen Opernhäuser Bayerns. Die haben uns unterstützt und gesagt: Wartet solange, wie ihr könnt! Jetzt haben sie aber auch gesagt, dass wir das Richtige gemacht haben. Es kamen natürlich auch vom Publikum jeden Tag Anfragen, unsere Ticket-Damen mussten zahllose Fragen beantworten. Relativ viele ältere Herrschaften hatten auch Angst, die wären sowieso nicht gekommen.
Auf der Festspiel-Homepage steht, dass man das Geld für die schon gekauften Karten auch spenden könnte.
Das wäre uns natürlich das Allerliebste.
Hat das schon jemand getan?
Nein – aber ein Sponsor hat uns schon eine Zusatzleistung gegeben. Er hat gesagt, er legt, obwohl wir nicht spielen, noch was drauf. Und eine andere Dame hat das auch getan. Und auch vom neuen Landrat kam die Zusage, dass die Zuschüsse gezahlt werden: Das sind rund zehn Prozent des ganzen Etats. Es sind einfach schwere Zeiten. Wir können ja nicht alle Leute entlassen, aber wir arbeiten ja schon seit sieben Monaten mit fast 50 Angestellten. Diejenigen, bei denen es geht, haben wir schon als Kurzarbeit eingestellt. Aber alles muss ja auch aufrechterhalten werden, wir machen jetzt Dinge, wozu wir sonst kaum Zeit haben, zum Beispiel den Kostümfundus aufräumen. Und die Kostümdamen nähen Masken für uns alle.
Wie ist jetzt der Stand der Diskussion mit der Gemeinde Halfing wegen der endgültigen Genehmigung?
Das kriegen wir, glaube ich, hin. Es sind zwei Anwälte dabei, den baulichen Vertrag aufzusetzen und kürzlich hab ich mit der neuen Bürgermeisterin Regina Braun telefoniert. Da gibt’s die Zusage, dass wir nächstes Jahr genauso spielen können wie heuer. Wir haben natürlich da eine Herkules-Aufgabe vor uns, mit viel Geld unter anderem den Brandschutz aufzurüsten. Das wird dann hier wie ein staatliches Opernhaus sein und nicht mehr wie eine Reithalle.
Wie ist denn insgesamt die Stimmung?
Bei mir nicht gut – man arbeitet sieben Monate auf etwas hin und freut sich. Ich hatte extrem gute Sänger schon bei den Proben. Gerade die Barock-Oper „La verità in cimento“ ist ein total verrücktes Stück, das ich ganz in die Moderne versetze, es ist psychologisch hochinteressant: Familientherapie mit Mord am Schluss. Aber der Vorteil ist: Alle Bühnenbilder und Kostüme sind schon da! Und wir können jetzt in aller Ruhe die Brandschutzmaßnahmen in Angriff nehmen.
Ich warte ja darauf, dass es bald schon eine Operninszenierung geben wird, in der die Masken die maßgebende Inszenierungsidee sind.
„Maskenball“ von Verdi vielleicht oder „Maske in Blau!“ Das wär doch was! (lacht). Wir haben schon gesagt, die Kostümdamen sollen Masken machen mit Noten oder Bühnenbildern drauf – damit alles wenigstens ein bisschen lustig wird. Und eine schöne Sache hat sich auch ergeben: Meine Frau (die Dirigentin Cornelia von Kerssenbrock) gartelt, wir haben so viele Zucchini wie sonst noch nie, wir können die Zeit dann mit eigenem Gemüse überbrücken. Meine 40 Pferde kriegen Zuwendung und unsere Hunde freuen sich, weil wir auf einmal Zeit für sie haben. Wir alle müssen da durch. Ich glaube, wir müssen jetzt einfach heuer Schluss machen – und machen nächstes Jahr was Schönes!
Interview: Rainer W. Janka