Rimsting – Horst Schmidmayer (63) aus Bernau, Impressario des Blues-ClubChiemgau (BCC), findet die derzeitige Corona-Situation sehr bedrückend. Statt der geplanten 26 Konzerte vom Jahresanfang bis Juni fanden nur zehn statt, seit Mitte März geht nichts mehr. Die Künstler touren nicht mehr, die Konzerte sind bis auf Weiteres abgesagt. Wie geht es weiter mit dem BCC?
Herr Schmidmayer, in einem Interview vor zwei Jahren haben Sie erzählt, dass sich der BCC über die Jahre einen Ruf bei Konzertagenturen aus der ganzen Welt aufgebaut hat, weil es kleine Clubs kaum mehr gibt. Schon gar nicht hier zwischen München und Salzburg. Macht die Corona-Pandemie diese Aufbauarbeit zunichte?
Aktuell orientiere ich mich, ob es überhaupt eine Weiterführung der Konzerte in gewohnter Art und Weise geben kann. Denn das ist Voraussetzung, damit es nicht nur mir Freude bereitet, sondern auch allen treuen Stammgästen. Die kennen und schätzen ja diese besondere Atmosphäre bei uns im BCC.
Django 3000 hat publikumswirksam auf dem Alpensegelflugplatz in Unterwössen ein Konzert abgehalten. Die 35 Fans wurden als Versammlungsteilnehmer deklariert. Damit wollten sie ein Zeichen zur Rettung der Kultur setzen. Wie sehen Sie so eine Veranstaltung?
Na ja, ich finde es ehrlich gesagt einen Schmarrn. Nicht wegen der Musik an sich, das nicht. Wenn die Musiker und die Agenturen damit zufrieden sind, bitte sehr, aber dann ist das für mich ein Zeichen, dass es hier mehr um die PR als um die Kultur an sich geht. Und ich glaube nicht, dass das Publikum, das bei dem Konzert mit Masken auf Stühlen in gebührendem Abstand voneinander entfernt sitzend nur zuhören durfte, damit glücklich war. Die Leute wollen doch mitgehen, dafür ist es ja live, da kann und will man doch nicht sitzenbleiben.
Aber wenn Konzerte nur noch in einem solchen Rahmen – bis zu 50 Zuhören à 45 Minuten inklusive Hygiene-Maßnahmen und Namenslisten – möglich sind, wie könnte es dann mit dem BCC weitergehen?
Bei uns im BCC haben sich Freundschaften entwickelt, das sind echte Liebhaber von Blues und Rock. Ich habe kürzlich bei unseren Stammgästen nachgefragt: 90 Prozent von denen, die rückgemeldet haben, haben gesagt, sie könnten mit den Einschränkungen leben und würden sogar höhere Ticketpreise akzeptieren. Aber ich weiß nicht, ob ich da so dahinter stehe. Ein Gästewechsel nach 45 Minuten oder eine begrenzte Gästekapazität – da weigere ich mich, von einem Kulturerlebnis der besonderen Art zu sprechen. Ganz zu schweigen vom organisatorischen Aufwand, den der für uns als BCC-Macher bedeutet und natürlich die Kosten, seien es die Gagen, die Hotels, die GEMA, die Abgaben an die Künstler- und Sozialkasse und und und.
Was muss Ihrer Meinung nach also passieren?
Entweder begrenzte Gesamtkapazität, aber da muss ich abwägen, ob das rentabel und machbar ist, oder gar nicht. Solange die Konzertbesucher nicht rebellieren, wird sich nichts bewegen. Der BCC lebt doch von der Live-Atmosphäre, da reichen auch manchmal 50, 60 Mann, um eine gute Stimmung herzubringen. Bei uns passen ja maximal mit Band und Zuhörern 199 Leute in den Saal. Das kann man nicht mit einem klassischen Konzert vergleichen, beispielsweise mit großem Chor und Orchester, dazu noch der Mindestabstand sowohl bei Mitwirkenden als auch beim Publikum. Solche Konzertsäle muss man ja erst mal bauen.
Haben Sie einen Plan B – für sich persönlich und für das BBC?
Ich arbeite noch exakt zwei Jahre und zehn Monate, dann spätestens gehe ich in Rente – das ist das eine. Aber der BCC im Feuerwehrhaus – das ist für mich mein Saal, mein Club, meine Musik. Das muss weitergehen. Wir verfügen über 14 Bistrotische und neun Stehtische im Raum. Da lässt sich schon was draus machen, konkret schwebt mir da zusätzlich Musikkabarett vor. Ich habe schon zwei Künstler gewinnen können. Mal schauen, wie das beim Publikum ankommt.
interview Elisabeth Kirchner