Wasserburg – Lachhaftes ist trotzdem zum Lachen, dachte sich Jörg Herwegh zu Recht und griff zum Theater-Wiederauftritt in Zeiten von Corona voll in die Klamottenkiste bei seinem neuen Freiluft-Programm „Raumschiff DrEnterhalb“. Da machen sich drei Bavaronauten auf in die unendlichen Weiten des Weltraums, um den Aliens bairische Kultur nahezubringen. Wobei das mit den drei stimmt nicht so ganz, denn da ist ein Quoten-Preuße dabei – damit es Zuschuss von der Bundesregierung gab für das Projekt. Und dieser Preuße ist noch dazu eine Frau. Also alles gendergerecht, zumal diese Dame sowieso lieber Wein trinkt, und das Material fürs Bierbrauen an Bord somit länger vorhält für die beiden Herren der Besatzung. Denn dass Wein länger hält als Bier, ist für Bayern irrelevant – jahrelang soll das Bier eh nicht überleben in seiner Flasche.
Die Enterprise
stand Pate
Klarer Fall, dass das Raumschiff Enterprise Pate stand, dass Captain Girgl (ganz der Chef: Jörg Herwegh) und Commander Stofferl (krachend derb: Steps Lossin) in ihrer Trainingsanzug-Raumfahrerkleidung sofort identifizierbar sind. Lieutenant Ur-Sula (subversiv feminin: Kirsten Lossin) beglückt mit Minikleid und Stiefeln das Zuschauerauge.
Zum Einstand erfolgt ein herzhafter Biss in eine Leberkässemmel, was den Funkverkehr zu einem spaceigen Rauschen verhilft. Überhaupt ist der Übergang von Space und Spaß fließend, vor allem, wenn sich der Captain Girgl die offene Bierflasche in die Hosentasche steckt und artig das Bein hebt, wenn er sein Glas füllen will. Eine neue bayerische Kulturtechnik ist geboren.
Und wie sieht es aus mit der Mission? Was gehört alles zur bairischen Kultur, die man den Aliens nahebringen will? Die beiden Herren probieren dazu Texte. Etwa die Bibel-Version von Michl Erbauer, der konstatiert, dass am Anfang nix war, und dann wieder nix, und dass es wirklich nicht so pressiert hätte, die Welt in acht Tagen zu erschaffen.
Karl Valentins „Buchbinder Wanninger“ darf nicht fehlen und erweist sich als top-aktuell, denn abgesehen vom altmodischen Telefon geht es in einer Whatsapp-Gruppe auch nicht sinnstiftender zu. Jörg Herwegh führt das Lachmuskel-strapazierend vor – damals wie heute.
Der Weiß Ferdl gurkt mit seiner Straßenbahn der Linie 8 einmal durchs Raumschiff, wobei er einen weitaus interessanteren Einblick in die bayerische Psyche gibt mit einem anderen Text: „I woas ned, wia ma is.“ Nämlich grantig ohne Grund.
Grund zum Grant hat aber Ludwig Thomas Engel Aloisius, der ums Verrecken nicht frohlocken will und seinen Himmel nicht im Paradies, sondern im Hofbräuhaus findet – weshalb die bayerische Regierung noch immer auf die göttliche Eingebung von oben wartet.
Allesamt unverwüstliche bayerische Klassiker-Nummern. Und damit wir mehr über unsere Kultur erfahren, darf Quoten-Preußin Ur-Sula die bayerische Sprache analysieren mit ihrer vielbedeutenden Lautmalerei (Äha), ihrem Konjunktiv II und der doppelten Verneinung.
Und wo bleibt der Alien? Der ist einerseits bereits an Bord, denn was sind Preußen anders als Aliens! Und wie verständigt man sich mit ihm? Indem man die Bordkantine in ein Wirtshaus umwandelt, Blasmusik aufspielen lässt und eine Kellnerin im Dirndl Bier kredenzt. Das hat noch jeden überzeugt. Da ist es nur allzu logisch, dass Ur-Sula mit Alien-Maske auftritt und dem finalen Spuk ein Ende macht: der von ihr zwecks Quotenerfüllung verlangten Valentin-Darstellung zweier Stiegenhaus-Ratschn, in die die Herren sich astrein handgreiflich verbeißen. Und da darf man noch einmal der großartigen bayerischen Beschimpfungskultur lauschen und sich den Blattern-gesteppten Rosenteint auf der Zunge zergehen lassen.
Das Publikum kann angesichts dieses „Raumschiff DrEnterhalb“ gar nicht anders als lauthals lachen. Eine wohltätige Entspannung in Zeiten von Corona.