Regina macht Urlaub auf der Fraueninsel, um im Kloster an einem mehrtägigen Meditationskurs teilzunehmen. Doch das sonst immer als idyllisch beschriebene Eiland entpuppt sich in dem Roman „Das Geheimnis der Fraueninsel“ von Angela Waidmann als unheimlicher Ort. Ein alter Fischer, dessen Familie schon seit Langem auf der Insel lebt, scheint die junge Frau zu verfolgen. Und was hat es mit den rätselhaften Visionen auf sich, die Regina unverhofft überkommen, seit sie den Fuß auf die Fraueninsel gesetzt hat? Sind es Träume, die sie in eine ferne Vergangenheit entführen und sie zur Augenzeugin werden lassen, als Herzog Tassilo III. und seine Frau Liutberga die Fraueninsel besuchen? Doch für Träume scheinen diese Visionen viel zu real zu sein.
Der Roman trägt nicht zu Unrecht den Untertitel „Mysteriöser Inselkrimi“. Denn zum Krimi wandelt sich die Handlung, als der alte Fischer im Chiemsee ertrinkt. Doch im Wirtshaus erzählen alle, er sei ein ausgezeichneter Schwimmer gewesen. Hatte bei seinem Tod jemand anderes die Finger im Spiel? Aber warum sollte jemand den alten Mann umbringen wollen?
Regina wird immer wieder von Visionen befallen, die sie ins 8. Jahrhundert zurückversetzen, wo sie Zeugin der politischen Konflikte um die Krone des Herzogtums wird. Sie muss herausfinden, was da mit ihr passiert und ob das mit dem Tod des Fischers zusammenhängt. Unterstützt wird sie bei ihren Nachforschungen von einem charmanten Arzt, den sie im Meditationskurs kennenlernt, und von einem sympathischen jungen Archäologen, der im Auftrag der Archäologischen Staatssammlung den Inseldom neu vermisst und dabei auf interessante Zusammenhänge stößt. Hier nimmt der Krimi die Forschungen von Dr. Bernd Steidl (siehe Interview oben) auf.
Doch in der Folge verlässt Angela Waidmann den Boden der gesicherten Historie und löst das Rätsel auf, hinter dem ein jahrhundertealtes bewahrtes Mysterium steckt. Die Autorin hat ein spannendes, routiniert erzähltes Buch vorgelegt. Lediglich die im 8. Jahrhundert spielenden Passagen mit dem sehr edlen Herzog und seiner sehr noblen Gattin verrutschen ein wenig ins Klischee. Dem Lesevergnügen tut das keinen Abbruch. Klaus Kuhn