Poesie auf dem Parkplatz

von Redaktion

Theater, Lesung und Kabarett in einem beim „Rosenslam“ vor der Theaterinsel

Rosenheim – Schon am Freibad hörte man es: Gelächter und Stimmengewirr schallten die Chiemseestraße entlang. Denn die sechste Runde des „Rosenslam“, einer Poetry-Slam-Reihe von Thomas Eiwen und Theresa Conrady von der Rosenheimer Theaterinsel, fand coronabedingt auf dem Parkplatz vor der Theaterinsel statt. Das tat der guten Stimmung aber keinen Abbruch – im Gegenteil, denn es war draußen in der kühlen Abendluft wahrscheinlich deutlich angenehmer als in dem engen Theatersaal.

Unterhaltung im Sechs-Minuten-Takt

Wie gewohnt hatten Eiwen und Conrady ein hochkarätiges und bunt gemischtes Aufgebot aus vier Dichtern und einer Dichterin aufgestellt. Bei einem Poetry Slam treten die Angemeldeten nacheinander auf und haben sechs Minuten lang Zeit, selbst geschriebene Texte vorzutragen. Einzige erlaubte Hilfsmittel: Die eigene Stimme sowie Gestik und Mimik.

Auch wenn ein Poetry Slam immer ein Wettstreit ist, auch wenn es am Ende immer einen Sieger oder eine Siegerin gibt – es ist doch jede einzelne erzählte Geschichte, die den Abend reicher macht. Meistens ist es bei einem Poetry Slam so, als bekäme man an einem Abend mehrere kurze Theaterstücke, Lesungen und Kabaretts in einem geboten. So auch an diesem Abend.

Nils Nektarine begann mit einem Szenario für einen klassischen schlechten Witz: „Gehen ein Chemiker, ein Mathematiker und ein Physiker zusammen in eine Bar.“ Die Geschichte wurde immer lustiger, als die drei anfingen, mit einer Frau anbandeln zu wollen: „Reibung erzeugt Wärme!“, sagte der Physiker in der Geschichte, und der Chemiker: „Meine Energie ist exotherm!“.

Der zweite Künstler, Mate Tabula, brachte in seinem Text seine Wut über junge, weiße, männliche Sänger, die „unter ihrer Existenz ja ach so sehr leiden müssen“. Tim Bendzko zum Beispiel warf er in seinem Text an den Kopf: „Worte sind wirklich nicht deine Sprache!“ Mate Tabula wurde letzten Endes zum Sieger des Abends gekürt.

Enorra le Corre war die einzige Poetin des Abends und ihre Texte sprachen auch auf einer anderen Ebene als die anderen: Ihren ersten Text, in dem sie einen Aufenthalt in Madrid beschrieb, untermalte sie mit Farb- und Klangeindrücken, sodass das Publikum die Stadt mit allen Sinnen wahrnehmen konnte. Im zweiten Text sprach sie über Rauchen als eine Sucht und untermalte auch das so, dass man sich abrupt in die Lage der süchtigen Person hineinversetzt sah.

Der Slamer Raphael Breuer war stattdessen eher auf der philosophischen Ebene unterwegs. Er stellte fest: „Bescheidenheit mag sympathisch wirken, ist aber heuchlerisch“. Sein zweiter Text war für das Publikum eingängiger: Er sprach von verschiedenen jungen Leuten, die sich im Umweltschutz engagieren, dabei nicht perfekt sind – und sich gegenseitig kritisierten statt zusammenzuarbeiten.

Krähen auf dem Krefelder Krenfeld

Zum Thema Corona dichtete Bert Uschner: „Trübsinn pustet, wenn einer hustet“. Er bot einen sprachlich gewandten Text dar, in dem der fast schon personifizierte Reim einen Menschen verfolgte. In seinem zweiten Text sprach er von den Krähen auf dem Krefelder Krenfeld – ein Dichter durch und durch eben.

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