Erinnerung an ein düsteres Kapitel

von Redaktion

Vortrag über ein italienisches Zwangsarbeiterpaar bei der Goethe-Gesellschaft Rosenheim

Rosenheim – Nach einer sechsmonatigen Zwangspause hat die Goethe-Gesellschaft Rosenheim ihre Veranstaltungsreihe mit Lesungen und Vorträgen wieder aufgenommen. Im Künstlerhof am Ludwigsplatz sprach der Germanist Andreas Salomon vor zahlreichen Zuhörern unter Corona-Hygienebedingungen über das Schicksal des italienischen Zwangsarbeiterpaares Fortunato und Fernanda Zanobini. Beide mussten während des Dritten Reiches in deutschen Betrieben arbeiten, darunter auch in der Kolbermoorer Baumwollspinnerei. Fortunato Zanobini wurde in den KZs Dachau, Buchenwald und Bergen-Belsen inhaftiert und überlebte den Naziterror nicht.

Salomon, der in der „Initiative Gedenkkultur-Stolpersteine für Rosenheim“ mitarbeitet und an die Emigration bedeutender deutscher Schriftsteller vor der Nazi-Diktatur erinnerte, schilderte anhand von vielen Dokumenten ausführlich seine umfangreichen Recherchen über den Leidensweg von Fortunato Zanobini, der 1915 in Bologna geboren wurde. Nach dem Zusammenbruch des Mussolini-Regimes und dem Einmarsch der Wehrmacht in Italien im Sommer 1943 verschleppten ihn die Nazis zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Im Mai 1944 kam For,tunato Zanobini nach Kolbermoor.

„Die Arbeiter wurden nicht als Menschen, sondern als ,Subjekte‘ behandelt und als ,Schlamm der Menschheit‘ bezeichnet“, erklärte Salomon. Zanobini arbeitete in Kolbermoor nicht in seinem erlernten Beruf als Kellner oder Gastwirt, sondern als Zwangsarbeiter für BMW. Untergebracht wurde er in einer Baracke. Seine Frau Fernanda, von Beruf Schneiderin, arbeitete ebenfalls als Zwangsarbeiterin für BMW in Kolbermoor. Heimlich versuchte das junge Paar, sich nachts zu treffen.

Als „Herumtreiber“ und „Streuner“ wurde Fortunato Zanobini zunächst im Rosenheimer Gefängnis inhaftiert, dann erlebte er eine Odyssee durch mehrere Konzentrationslager. Im KZ Bergen-Belsen verliert sich seine Spur. Entweder, so Salomon, sei er bereits auf dem Transport dorthin verstorben, oder im Lager verhungert.

Allein im März 1945 starben in Bergen-Belsen 18000 Häftlinge vor allem an den Folgen von Unterernährung und epidemischen Krankheiten. Seine Frau, über deren Schicksal nach dem Krieg nichts bekannt ist, überlebte den Naziterror. Georg Füchtner

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