Tuntenhausen – Die Orgel in der hervorragend restaurierten Wallfahrtsbasilika von Tuntenhausen wurde von der Firma Linder aus Nußdorf 2019 neu geschaffen. 2020 sollte ihr ein ganzes Orgeljahr gewidmet werden, das wegen der Corona-Pandemie weitgehend ausfiel. Das letzte dieser vorgesehenen Konzerte spielte Konrad Liebscher aus Bad Aibling. Der ließ als Zugabe in einer Fantasie alle 24 Register aufrauschen und damit auch das „Salve-Regina“-Glöckchen klingeln.
Vorher hatte er mit einer Reihe von Toccaten, Capriccios und Rondos, meist aus der Spätromantik von wenig bekannten Komponisten, den Farbenreichtum der Orgel demonstriert: gediegen-frisch die Toccata von Georg Zoller (1852 bis 1941), elegant-spielerisch die von Theodor Dubois (1837 bis 1924), fröhlich präludierend und dann plötzlich aufflammend die von Louis Raffy (1868 bis 1931).
Die Caprice No. 3 von George Bizet (1838 bis 1875), ursprünglich für Klavier komponiert, wirkte mehr melodiös als kompositorisch komplex. Heiter verspielt mit munterem Figurenwerk schnurrte das Rondo in G von André Knevel dahin, von Liebscher glitzernd registriert. Ein unbeschwertes Sommerlied ist „Kesäfanfaari“, zu Deutsch „Sommerfanfare“, des finnischen Komponisten Marko Hakanpää (geboren 1970), das wie ein schwingendes Sommerkleidchen anmutet, vom Organisten mit bunten Registerfarben bedruckt.
Drei gewichtige Bach-Werke leuchteten aus dem eh schon knallbunten Programm heraus: Das Präludium in hellstrahlendem C-Dur BWV 547 steigt mit freudigen Dreiertakt auf und wird von der absteigenden Basslinie beantwortet: Klar stellte Liebscher diese Struktur dar. Ebenso wie in der monorhythmisch von Sechzehntel durchpulsten „dorischen“ d-Moll-Toccata BWV 538, deren konzentrierte Dichte durch das flüssige Tempo des Organisten noch konzentrierter wirkte. Nur gegen die h-Moll-Toccata BWV 544 schien sich die Orgel irgendwie sperren zu wollen: Liebscher hätte sie sorgsam-bedachter und bedeutsamer spielen sollen, sodass etwa der Effekt des „Es-ist-vollbracht“-Themas aus der „Johannespassion“ im triumphierenden Dur besser ins Licht gerückt würde. Rauschend und brausend stürmte am Programm-Ende die „Toccata pour Grand Orgue“ von Gaston Bélier (1863 bis 1938) dahin, Liebscher zog da buchstäblich alle 23 Register – aber eben noch nicht das letzte, das klingelnde „Salve-Regina“-Register.