Wie spricht man Agg eigentlich aus?

von Redaktion

Erste schriftliche Erwähnung stammt aus der Zeit um 1180

Niederaudorf/Agg – Gleich nach dem Ortsende von Niederaudorf führt die Tatzelwurmstraße in Richtung Sudelfeld und Bayrischzell auf den „Großen Berg“ den Auerbach entlang zu den Dörfern Agg und Watschöd hinauf. Da stellt sich gleich die Frage: „Reimt sich Agg jetzt auf Sack oder Frack? Auf Drecklack oder Nagellack?“

Fakt ist doch: Die Wörter Sack und (Dreck-)Lack (alias Pfütze) werden in dem Hochdeutsch, das in unserer Region immer noch vorherrscht, üblicherweise mit dunklem a, die Wörter Frack und (Nagel-)Lack mit hellem a gesprochen.

Diese Unterschiedlichkeit der Aussprache des Vokals a beruht auf gewissen sprachhistorischen Vorgängen, beispielsweise auf einer Umlautung: Ein Wort wie „der Wagen“ wird bei uns mit normalem, etwas verdunkeltem a gesprochen, im Dialekt sogar mit offenem o: „da Wong“.

Das Wägelchen“ aber beruht in der Hochsprache auf einer Umlautung durch i und wird so zum ä; dieses wird dann im Dialekt als sehr helles a gesprochen: s Wagl, s Wagerl.

Ob der Name Agg mit hellem oder dunklem a zu sprechen ist, entscheiden für „Vo Ort zu Ort“ zwei Ohrenzeuginnen aus der Nähe von Agg. Sie sprechen Agg mit hellem a aus. Passend dazu: S „Maarä“ spricht ihren/seinen Namen selber mit hellem, d Burga mit dunklem a aus! Die kennen sich aus!

Kann die Wissenschaft ebenfalls fürs helle a bei Agg garantieren?

Schaut man in Hans Meixners Werk „Die Ortsnamen der Gegend um Rosenheim“ hinein, so sind dort diese Schreibungen für Agg vermerkt: Zuerst „super Ovge“ aus der Zeit um 1180, „Datze Aege“ aus dem Jahre 1280; für ein Agg bei Unterwössen ist 1135 ein „Owge“ belegt, das um 1400 als „Aeug“ beurkundet ist; außerdem geht auch ein Agg bei Gars am Inn auf ein „Ovge“ und etwas später auf ein „Aevg“ zurück. Fazit: Die Ae-Schreibung verweist eindeutig auf helles a!

Au, Aue, Ach, Ache und Agg haben als gemeinsame Grundlage ein alteuropäisches Wasserwort „agwjo“, das auch im Lateinischen, nämlich als „aqua“, bekannt ist. Agg als „Land am Wasser“ – nämlich am Auerbach – zu erklären, wäre wohl nicht verkehrt.

Geistlicher Rat Fritz Bauer deutete 1980 Agg wegen „super Ouge (= Ovge)“ als „die höhergelegene Au“.

Ein paar Hundert Höhenmeter weiter liegt der Ort Watschöd, der in dieser Serie unlängst als dialektale und umdeutende Schreibung für den Begriff „Wegscheid“ gedeutet wurde.

Da kannten wir noch nicht Karl Finsterwalders Auffassung über Watschöd: Der Forscher folgte hier der Annahme, wonach „Watschar“ der Ausdruck „für eine durch Hofteilung entstandene gewisse Besitzgröße und zwar 1/8 Hof bzw. ¼ Schwaige“ sei. Watschar setze sich aus „swas“ = zum Haus gehörig und „scara“ = Anteil, Zuteilung zusammen.

Schon klar: Dank des sehr attraktiven Gasthofs „Hummelei“ käme eh niemand auf die Idee, aus Watschöd eine Öde, „a Eed“, herauszulesen!

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