Gleich vorab: Die Gleichstellungsbeauftragten müssen sich keine Sorgen machen: Die Begriffe „Herreninsel“ und „Fraueninsel“ brauchen nicht zu entweder „Männerinsel“ beziehungsweise „Dameninsel“ geändert werden! Es hat schon alles seine Richtigkeit, und das kam so: Die zweitgrößte Insel im Chiemsee hieß ursprünglich nicht „Fraueninsel“ oder „Frauenwörth“.
Für 894 ist nämlich belegt: „in monasterio puellarum quod Chemissem dicitur“, also „im Mädchenkloster, das Chemissem heißt“, wobei mit „Mädchen“ hier natürlich die Nonnen gemeint sind. Für das Jahr 1195 und später ist folgerichtig der Name „Nunnenwerde“ überliefert. Aber seit 1454 ist nicht mehr von „nunnen“ die Rede, sondern von „fraun“, „frawn“ und „frawen“. Diese Tatsache könnte auf zwei Faktoren beruhen: Entweder wurden die „Nonnen“ durch „Frauen“ ersetzt: „Nunnen-Werde“ (= Nonnen-Insel) wurde zu „Frauen-Wörth“.
Oder aber es erfolgte eine Umbenennung im Sinne der Jungfrau und Gottesmutter Maria. Hierfür gibt es zwei Hinweise. Die Kirche des Nonnenklosters ist „Mariae Opferung“ geweiht. Außerdem trug im Mittelalter der Begriff „frouwe“ nicht die heutige Bedeutung, sondern bezeichnete eine „Herrin“. „Frawnberd“ von 1462 ist zudem nicht notwendigerweise eine Mehrzahlform, denn die Endung -n bezeichnete früher nicht nur den Plural, sondern auch den zweiten Fall (Genitiv) in der Einzahl. Fraueninsel: Entweder Insel der Frauen (= Nonnen) oder Insel der Frau (Maria).
Einfacher liegt der Fall bei „Herrenchiemsee“ und der „Herreninsel“. Diesen Begriffen liegt der Name des bis zum Anfang bestehenden Chorherrenklosters zugrunde, das aber am Anfang des 19. Jahrhunderts nach der Säkularisation aufgelöst wurde.
In unserer Region gibt es neben „Frauenwörth“ noch einige weitere „Frauen“-Ortsnamen: Frauenholz bei Großkarolinenfeld, Frauenholzen bei Soyen und Frauenöd bei Rott am Inn.
Aber gibt es auch weitere Herren- oder Männernamen? Nicht als Bestimmungswort, aber durchaus als Grundwort! Beispielsweise bei den Hofnamen „Staumann“ und „Auman(n)“. Der „Schdauma“ zu Litzldorf liegt ebenso wie der „Schdauma“ zu Kutterling am dortigen Bach, der „Auman“-Wirt befindet sich in der „Großau“ bei Altofing. Der -mann lautet hier jeweils nicht „Moo“, sondern „Ma“. Daher vermuten wir hier nicht den „Mann“ im Namen, sondern ein altes Wasserwort. Germanisch manja bedeutete „Feuchtgebiet“.
Eine derartige Erklärung würde auch gut zum Namen der Einöde „Weihermann“ nahe Kematen passen: Monika Grimm vom Hof Weihermann berichtet von dem dort sehr feuchten Gelände. Zudem fließe dort „a gloas Bachä“. Der Begriff „Weiher“, der sich ursprünglich von lateinisch „vivarium“ herleitet und insbesondere einen Fischbehälter, auch Fischteich bezeichnete, ergäbe mit dem alten Wasserwort manja eine sinnvolle Kombination: Weiher im Feuchtgebiet. Oder war vielleicht ein „Mann bei einem Fischteich“ der Namensgeber für „Weihermoo“?
Vergleichbar mit dem Ortsnamen Holzmann, vorzufinden am Samerberg oder bei Pfaffing? Magdalena Estermann aus „Hoizmoo“ am Samerberg zitiert aus dem Werk von Josef Dürnegger, wonach Holzmann eine mittelalterliche Form „Holtes-uwanga“ zugrunde liege: Abhang am Holz/Wald. Und genauso liegt auch der Ort. Der „Mann“ ist also wohl nicht nur hier bloß eingedeutet!
Armin Höfer