Oberstaudhausen

von Redaktion

Mit den Zusatzangaben in unseren Ortsnamen ist das eine ganz spezielle Sache: Offiziell ist beispielsweise von Ober- und Niederaudorf die Rede. Aber in der Realität heißt es „Audorf“ und „Niederaudorf“. Mögen auf der Landkarte auch die Namen Großholzhausen und Kleinholzhausen stehen: Tatsächlich heißt es „Hoizhausn“ und „Gloahoizhausn“, wobei im letzteren Namen nicht das „Gloa“, sondern das „Hoiz“ betont wird. Klar: Es gibt im Dialekt beim genannten Fall ja keinen Gegensatz zwischen „Groß“ und „Klein“. Wichtig ist vielmehr bei beiden Namen „s Hoiz“, also der Wald, an dem die beiden Orte liegen – beziehungsweise lagen.

Aber wie steht’s mit dem Gegensatz „Ober“ und „Unter“, wie er beispielsweise bei Ober- und Unterstaudhausen vorliegt? Wir fragen nach bei Kreisheimatpfleger Hans Michael Stratbücker, der für den Altlandkreis Bad Aibling zuständig ist. „Mike“ Stratbücker wuchs in Heufeld auf und marschierte als Bua gerne eine Stunde lang bis Unterstaudhausen, um dort am nahen Abhang der Stiegelburg skizufahren. Er erzählt vom rührigen Pfarrer Loidl aus Götting, der als junger Kurat in den 1950er-Jahren an den unteren Nordhängen des Irschenberges Schüler-Ski-Meisterschaften veranstaltete. Aber ging es für den jungen Mike tatsächlich nach „Unterstaudhausen“?

Nicht unbedingt! Der Weiler bestand ja nur aus einem Hof namens „Beim Hecker“. So sparte man sich das lange Wort „Unterstaudhausen“, was dazu führte, das lange Wort „Oberstaudhausen“ auf „Staudhausen“ reduzieren zu können. Und unter diesem Namen ist Oberstaudhausen, das an einer Straße liegt, die südlich von Götting nach Berbling führt, schon seit sehr langer Zeit belegt, aber natürlich dem sprachgeschichtlichen Wandel verpflichtet:

„Stuthusen“ steht im Codex Falkensteinensis, den Rechtsaufzeichnungen der Grafen von Falkenstein; genauso heißt es auch in den Traditionen (Besitz-Übergabebüchern) des Klosters Schäftlarn von 1197/1199.

Im Sommer 1166 war aus Stuthusen für den Falkensteiner Grafen Siboto IV. ein Widderzins zu leisten. Interessanterweise bestand diese Abgabe gleich aus drei Widdern, was im Vergleich zu Mietraching („Mûtrichingen“), wo nur ein einziger Widder abzugeben war, von einer sehr effektiven Tierhaltung und Bewirtschaftung zeugt.

Für den Zeitraum von 1169 bis 1170 ist sogar der Name eines Staudhauseners belegt: Hartlieb de (= von) Stuthusen hatte damals als einer von mehreren Anwesenden eine Besitzübergabe innerhalb der Familie der Grafen von Falkenstein bezeugt.

War neben der für das 12. Jahrhundert belegten Schafzucht auch eine Pferdezucht in Staudhausen üblich, wie man es vielleicht dem Namen „Stuthusen“ entnehmen könnte? Ein Vergleichspunkt wäre hier eventuell der im Jahre 1229 urkundlich erwähnte Name für Stuttgart, nämlich „Stutengarten“, Fohlenhof und Gestüt.

Wie schön das für „Stuthusen“ doch passen würde! Hier kommt dem Besucher jederzeit ein Pferdefuhrwerk entgegen. Der Reitsport steht in Staudhausen nämlich hoch im Kurs. Heutzutage. Aber auch damals?

Selbst für Stuttgart ist eine andere Namensgrundlage in der Diskussion, nämlich die mittelhochdeutsche „stude“, die Staude, der Busch, der buschige Baum. Genau das könnte auch für Staudhausen sehr gut passen: „Häuser an den Stauden“.

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