Anmutiges Aufeinandertreffen zwischen Jazz und Klassik

von Redaktion

Nicole Heartseeker und Mulo Francel erkunden neue Möglichkeiten zwischen Genres und Zeiten

Ruhig und besinnlich ertönt Mulo Francels Saxofon im Eröffnungsstück der neuen CD „Forever Young“. Anmutig stimmt Nicole Heartseeker am Piano mit ein. Die Komposition tauften die beiden „Delight Inside“, und sie basiert auf dem Giulio Caccini (1551 bis 1618) zugeschriebenem „Avemaria“. Darauf folgen die „Sinfonia in F major“ von Johann Sebastian Bach und „The Wide Point“, improvisiert auf einem „Larghetto“ von Georg Friedrich Händel.

Bereits in ihrem ersten gemeinsamen Album „Angel Affair“ 2009 interpretierten Francel und Heartseeker Werke von bekannten Komponisten wie Erik Satie und Henry Purcell neu. In ihrem aktuellen Projekt widmen sie sich den alten Meistern.

Nicole Heartseekers Pianospiel bildet die Basis mit reduzierten Arrangements. Darüber improvisiert Mulo Francel, die Melodien der Originale aufgreifend, und überführt sie in neue musikalische Welten. Traumhaft schön wirkt das Zusammenspiel im „Ständchen“ aus der Feder Franz Schuberts, hier umgetauft zu „Our Serenade“, sehr zart, verletzlich und wehmütig. Den Geist von Quadro Nuevos „Canzone della Strada“ versprüht „Mia Bella“ – diesmal aber keine Reminiszenz an einen alten Meister, sondern eine Komposition eines lebenden Virtuosen, nämlich von Mulo Francel, der hier die Mandoline eingespielt hat.

Nicole Heartseeker beschreibt den Impuls zu dem neuen Tonträger: „Es sind Kompositionen, die mich schon ein ganzes Leben begleiten. Diese pure, in sämtlichen Details festgelegte, mit einer göttlichen harmonischen Ordnung strukturierte Musik. Dann kam Mulo. Ein Abend mit Freunden, viel Wein, ich setzte mich an den Flügel und spielte das Adagio von Marcello und Bach. Er nahm sein Saxofon und löste ohne Scheu die melodischen Strukturen auf. Die Faszination dieses Momentes wollte ich festhalten. So entstand die Idee zu Forever Young.“

Es sind sehr nachdenkliche, feierliche, intensive Kompositionen, die der schubladenfreie Jazzer Francel und die genreoffene Organistin Heartseeker ausgesucht haben. So finden sich eine bezaubernde „Träumerei“ von Robert Schumann auf dem Album, neben Stücken von Vivaldi und von Jules Massenet. Ganz eindringlich erklingt das schon erwähnte Adagio, sehnsuchtsvoll interpretiert und zu „Walking Far“ umbenannt. Die meisten Stücke sind sehr ruhig, für etwas mehr Tempo sorgen „A Vucchella“ von Paolo Tosti und „Après un rêve“ von Gabriel Faurè. Auch Astor Piazzolla ist mit zwei Stücken vertreten.

„Ist es überhaupt in Ordnung, wenn wir seine Musik spielen?“, fragt sich Mulo Francel bezüglich der Stücke von Händel im von Mike Meyer fotografierten Albumcover. „Ja, es ist durchaus in Ordnung – macht so weiter“, möchte man entgegnen. „Forever young“ ist ein sehr feines und melodisches Album geworden und zum konzentrierten Hören in stillen Momenten – Kopfhörer auf und genießen.Andreas Friedrich

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