Ortsschilder auf Boarisch?

von Redaktion

Was in Wales, Irland, Kärnten und in der Stadt Korschenbroich in Nordrhein-Westfalen schon längst gang und gäbe ist, bleibt in Bayern laut bayerischem Innenministerium verwehrt: Die Erlaubnis, die Ortstafeln der Orte unserer Region, die auf Standarddeutsch notiert sind, um deren bairischen, schwäbischen und fränkischen Wortlaut zu erweitern. Solcherlei hat unlängst der Sprachverein „Bund bairische Sprache“ vorgeschlagen.

Es stimmt ja: In Wales sind Englisch und Walisisch gleichberechtigte Nationalsprachen, in Irland Englisch und Gälisch. In Kärnten wird der slowenischen Minderheit sprachlich entgegengekommen. In Korschenbroich, gesprochen: Korschenbrooch, prangt auch die plattdeutsche Version „Korschebrook“ am Ortsschild.

Was bei diesem originellen Vorschlag aber zumindest öffentlich – via „Bayern 1“ – nicht thematisiert wurde, ist die Tatsache, dass viele Orte gar keine einheitliche dialektale Aussprache haben. Soll auf dem Schild für Bad Aibling dann „Oabling“ oder „Oaween“ stehen? Soll es „Rousnham“ oder „Rousnam“ oder „Rosnheim“ heißen? „Kiming oder „Keaming“ für Chieming? Oder soll man gleich alle Möglichkeiten anbringen?

Ein weiteres Problem ist die Schreibweise, auch wenn die Aussprache einheitlich ist: „Vong“ oder „Fong“ für Vagen? „Liesldarf“ oder „Lisldarf“ für Litzldorf? „Groußhearoa“ für Großhöhenrain, „Gloahearoa“ für Kleinhöhenrain?

Bei den beiden letztgenannten Orten, die sich im Gemeindebereich von Feldkirchen-Westerham befinden, kommen gleich zwei weitere Probleme hinzu: Großhöhenrain heißt im Dialekt gar nicht „Grouß-he-a-roa“, sondern bloß „He-a-roa“. Immerhin: Kleinhöhenrain ist „Gloa-he-a-roa“. Eine gewisse Unterscheidung braucht’s ja schon! Aber Fakt ist: Wenn jemand von Kleinhöhenrain die kurze Strecke nach Großhöhenrain fährt, „fahrda auf Hearoa umi“, wie es eine Einwohnerin von Kleinhöhenrain erklärt.

Aber wie halten wir es mit der Betonung unserer dialektalen Versionen? Egal, ob „Hearoa“ oder „Gloahearoa“: Das e nach dem h wird betont! Zu schreiben wäre demnach auf den Ortsschildern: `Hearoa und Gloa`hearoa. Das heißt aber auch: Vom zweiten h, wie in „Höhenrain“, gibt’s in der Mundart keine Spur! Dass das zweite h vor längerer Zeit, nämlich 1831 im „Lexikon vom Königreich Bayern“, sogar ein ch war – „Kleinhöchenrain“ – spielt heutzutage keine Rolle mehr.

Für beide Orte gilt: Sie liegen an einem Höhenrücken beziehungsweise Grenzrain, womit schon die Bedeutung von mittelhochdeutsch „rein“, bairisch: „Roa“, angegeben wäre. Das Adjektiv „hoch“ verstärkt diese Benennung zudem. Schon in der ersten Nennung vom Jahre 828 heißt es „Hohinreini“.

Neben der wundervollen Aussicht auf das Mangfalltal samt dem Wendelsteinmassiv und den Nachbarbergen, die beide Orte bieten, gibt es dort auch etwas zu lernen: Kleinhöhenrain ist nämlich vor einiger Zeit durch seinen „Bienenlehrpfad“ bekannt geworden. An einem 2,3 Kilometer langem Rundweg können die Wanderer alles, was man über Bienen präsentieren kann, anschaulich erfahren. Und vielleicht auch bald einmal auf dem Ortsschild den bairischen Ortsnamen? Übrigens: Wie wäre es mit dem bairischen Wort für die Bienen, das nirgends im Pfad auftaucht? D Impm. Bitte ergänzen! Armin Höfer

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