Prien – Ein „musikalisches Ereignis der Extraklasse“ hatte die Priener Marketing GmbH für das letzte Konzert der Reihe „Priener Wohnzimmerkonzerte“ angekündigt – und es war tatsächlich ein extraklassiges Konzert, mitreißend, zum Mitschnippen und zum Tanzen animierend. Michael Alf brillierte als Pianist und Sänger und Hans Platin junior bot am Kontrabass als ebenbürtiger Partner souverän den stützenden Untergrund. Charmant anmoderiert, abwechslungsreich arrangiert – von Klassik über Blues, Jazz und Boogie-Woogie war alles dabei: Mit einem Boogie-Woogie zur Begrüßung stimmte das Duo auf den Konzertabend ein, dann erklang das „Tico-Tico.“ Wohlbekannt ist das über 100 Jahre alte Lied aus Brasilien von Zequinha de Abreu, hier mit Samba- und Jazz-Anklängen zum Tanzen animierend. Merklich ruhiger wurde es mit „Fine brown frame“, im Original von Dianne Reeves und Lou Rawls, hier in einer jazzigen Variante mit sanft-wiegender Melodie, bei der Alf den Gesangspart übernahm.
Tempo, Tempo war dann beim „Rocket Boogie“ von Pete Johnson angesagt. Da perlten die Finger nur so über die Tasten, die Füße klopften den Takt mit oder bedienten die Pedale, und das pizzicato des Basses nahm den wahrlich schnellen Rhythmus gekonnt auf. Ganz anders dann die melancholische Ballade „David“, die Michael Alf einem verstorbenen Freund gewidmet hat. Gefühlvoll-sanft ging es weiter mit dem „Hello Josephine“ von Fats Domino, ehe Alf – diesmal als Solist – im prestissimo den Hummelflug von Nikolai Rimski-Korsakow zu einem „bumble stop“ mutieren ließ.
Mit viel Gefühl und dennoch beschwingt, schlug Alf dann die Tasten an bei seiner Eigenkomposition aus der neuen CD „Piano Circles“. Baltin als nicht minder gefühlvoller Partner nahm die kreisende Melodie am Kontrabass anmutig auf. Spätestens beim „Walkin‘ this Boogie“ von Roosevelt Sykes wurde dem Zuhörer schmerzlich bewusst, dass ein gestreamtes Konzert nicht die Atmosphäre eines Livekonzerts ersetzt. Ein leerer Saal kann nicht mitgehen beim Call und Response. Alf als Rufer, ein antwortender Bassist Baltin – ein „echtes“ Konzert ist eben durch nichts zu ersetzen. Der guten Stimmung tat das keinen Abbruch.
Das kunstvoll-ruhige „Country“ von Keith Jarrett stimmte auf das Finale ein. Beim „Boogie Woogie Stomp“ von Albert Ammons überzeugte das Duo noch einmal mit hohem Tempo und Virtuosität. Alf setzte rollende Bässe der linken Hand melodischen, bluesorientierten Off-Beat-Figuren der rechten Hand entgegen, dazu noch Triller und Tremoli, während Baltin am Bass gekonnt tiefe Basstöne malte. Extraklasse! Elisabeth Kirchner