Wenn man auf die Jahreszahlen schaut, die bei der ersten Nennung vieler ing-Orte in unserer Region erscheinen, erkennt man eine ziemlich weite zeitliche Ausdehnung:
Bad Aibling wird schon für das Jahr 804 als Epiningas erstmalig erwähnt, Altofing als Altolfingen und Kutterling als Chouternellingen aber erst für 1180 und Farbing als Ferbing sogar erst für 1517. Was kann hieraus geschlossen werden?
Die allermeisten ing-Orte, die für die Epoche zwischen 8. und 12. Jahrhundert erstmalig erwähnt sind, leiten sich von – zumeist germanischen – Personennamen her; die „jungeren“ ing-Orte sind entweder eine Standesbezeichnung oder geben eine Ortslage an. Daneben gibt es noch ein paar weitere Varianten von ing-Namen, bei denen ursprünglich gar keine Nachsilbe „ing“ vorlag. Eine feste, starre zeitliche Einteilung ist jedoch nicht möglich: Die von Personennamen abgeleiteten ing-Namen gelten üblicherweise als „echte“ ing-Orte, alle anderen als „unechte“ ing-Orte. Doch ausgerechnet der älteste ing-Ort in unserer Region zeigt gar kein ing-Suffix mehr! Pang ist aber dank seiner Erwähnung in den Traditionen des Hochstifts Freising (Nr. 6) als Paingas für das Jahr 752 vom Personennamen Paio herzuleiten und somit unser erster „echter“ ing-Ort.
Ahnlich sind Namensbildungen, denen eine Standesbezeichnung zugrunde liegt. Hierzu gehören etwa Grafing, 1160 als Grauingen [u steht für v und wurde als f gesprochen] belegt und sich von althochdeutsch grâvo herleitetend, sowie Pfaffing, 1135 als Phaffingen notiert und den „Pfaffen“, althochdeutsch phapho, also Pfarrer im Namen tragend.
Sowohl bei den Personennamen (Altofing) als auch bei den Standesbezeichnungen (Grafing) können wir die Ortsnamen jeweils als „Siedlung des Altolf beziehungsweise eines Grafen und seiner Angehörigen oder Leute“ deuten.
Als Zugehörigkeitssuffix dient ing im weiteren Sinne auch in all jenen Namen, bei denen es die Ortslage kennzeichnet. Griebling ist 1150 als Groubelingen belegt und leitet sich von althochdeutsch gruoba, Grube, her. Laiming hat althochdeutsch leimo, den Lehm, im Namen.
Gänzlich unecht sind natürlich solche ing-Ortsnamen, denen nie ein ing zugrunde lag: Forsting, Schilding und Stiedering lauteten auf die Nachsilbe -ern, -arun, welche die Bewohner nach ihrem Stand oder Beruf bezeichnete. Diese Namen bezeichneten den Ort „bei den Forstarbeitern“, früher: Forstorn und Forstern, den Ort „bei den Schildmachern“, früher Schiltaren. Stiedering kann von den stoutarun = „Pferdewärtern“ erklärt werden.
Das -arun wurde zu -ing vereinfacht, genauso wie das Wort wang bei Farbing, früher Farbang. Dieser Ort kann daher als leicht geneigtes Gelände entweder mit Farnkraut oder Gelände für Ochsen (far) oder Ferkel (farah) gedeutet werden.
Im bairischen Dialekt müssen sogar die tatsächlich auf ing lautenden Orte um ihr ing fürchten: Aibling geht teilweise schon als Oawen durch, Kutterling als Kudalen. Armin Höfer