Weiching – echter oder unechter Ortsname auf -ing?

von Redaktion

Völlig zu Recht stellt Vo-Ort-zu-Ort-Leser Florian W. die Frage, ob sein Heimatort Weiching nun ein echter oder unechter ing-Ort ist. Zur Erinnerung: Als „echt“ gelten in der Ortsnamenforschung diejenigen ing-Orte, die aus einem Personennamen bestehen, der durch das Zugehörigkeitssuffix „ing“, eigentlich „ingen“, abgeleitet ist. Beispiel: Willing = „Ort des Willo und seiner Angehörigen“. Diese Art von Ortsnamenbildung gilt in der Forschung außerdem als die älteste, die in den germanischen Sprachen erfolgt ist.

Alle anderen Orte mit der Nachsilbe „ing“ im Namen sind erstens jünger und gelten zweitens als „unecht“: Sie stehen für eine Standesbezeichnung (Pfaffing), geben die Ortslage an (Laiming), entwickelten sich aus einem älteren ern oder arun (Forsting, früher Forstorn und Forstern, Ort bei den Forstarbeitern) oder führen per Umdeutung am Namensende eine Änderung durch (Milbing, das aus „Mühlenwang“ entstanden ist).

Leser Florian W. schlägt vor, Weiching zu den unechten ing-Orten zu zählen. Er erwähnt zur Begründung den weichen, sumpfigen Boden, der in Weiching, das in südöstlicher Richtung direkt vor Ostermünchen liegt, vorherrscht. Die Realprobe bestätigt diese Einschätzung:

Es gibt hier sogar einen Filzenweg, womit die Existenz eines Hochmoores in Weiching und Umgebung gesichert ist.

Zur Bestätigung holen wir eine zweite Meinung ein. Roswitha Dettendorfer unterbricht extra ihre Arbeit, um uns Rede und Antwort zu stehen. Wie das Dorf auf Bairisch heißt? „Weiching! Naa, ned Woaching!“ Auch die Besitzerin der Weichinger Mühle weist auf den weichen Boden in Weiching hin und leitet den Ortsnamen demgemäß von „weich“ ab.

„Oiss klar?“ Vielleicht für manche Leser, die mit dieser Erklärung per Lage des Ortes einverstanden sind. Aber für Roswitha Dettendorfer und Florian W. sowie für manch andere Leser, die des Bairischen noch mächtig sind, taucht ein kleines Problem auf. Genau: Der Begriff „weich“ heißt auf Boarisch „woach“. Weiching heißt aber nicht „Woaching“. Daher müssen andere Erklärungen des Ortsnamens her.

Eine davon findet sich in Hans Meixners Studie „Die Ortsnamen der Gegend um Rosenheim“. Dort steht bei Weiching zunächst ein Fragezeichen! Darauf folgt die Zahl 8, womit eine erste Nennung des Namens für 800 und die folgenden Jahre angedeutet wird. Dieser Name lautet „Wikinka“, mit Bezug auf Ernst Förstemanns Altdeutschem Namenbuch. Weitere Einträge sind „Weiching“ im Salbuch Nr. 2 des Klosters Rott aus dem Jahre 1300 sowie in den Regesten aus dem Pfarrarchiv zu Prutting, außerdem in Philipp Apians Topographie von Bayern aus dem 16. Jahrhundert. Grundlage ist für Meixner der Personenname Wigo, der sich vom althochdeutschen Begriff wîg, wîc, wîch = Kampf herleitet. Wichtig: Das i ist lang und wird im frühen Neuhochdeutschen zum Zwielaut ei verändert. In Kombination mit dem Zugehörigkeitssuffix ing entsteht – Weiching!

Armin Höfer

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