Die Mundart und die Herkunft von Ortsnamen

von Redaktion

Wer sich für unsere Ortsnamen interessiert, hat unlängst in einer Sendung des Bayerischen Fernsehens einen Eindruck davon erhalten, wie wichtig die lokale, mundartliche Aussprache sein kann, um einen Ortsnamen richtig zu bestimmen. Ein Forscherteam der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde dabei gefilmt, wie von zumeist schon etwas älteren Mitbürgern – unter anderem von einer 90-jährigen Dorfbewohnerin – lokalsprachliche Daten erhoben werden, um den Inhalt einer alten Namensschreibung zu bestätigen oder gar deren Bedeutung zu bestimmen, weil sie in ihrer standardsprachlichen Form eher auf Irrwege führt. Im Mittelpunkt der Sendung standen Ortsnamen der Landkreise Mühldorf und Traunstein.

Hierzu ein paar Beispiele aus dem Inntal, Mangfalltal und dem Chiemgau,

Bei Ortsnamen, in denen der Vokal A dominiert, haben wir hier in unserer Region einen gewissen Vorteil gegenüber anderen Landschaftsgebieten in Bayern, Deutschland und weiten Teilen Österreichs: Wir unterscheiden zwischen einem hellen und einem dunklen A, das oftmals sogar zu einem O werden kann. Das Káppe – andernorts das Käppchen – hat ein helles A, das Johann Andreas Schmeller („Bayerisches Wörterbuch“) mit einem Akzent schreibt. Der Tag spricht sich in unserem südlichen Hochdeutsch mit dunklem A, im Dialekt sogar mit O.

Egal, ob mit dunklem A oder gar mit O, wie es Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger aus Niederbayern ausspricht: Der Apfelsaft trägt bei uns kein helles A in sich, wie etwa in der Lautung des Niedersachsen Dieter Bohlen aus Tötensen.

Die Stadt Wasserburg hat ein eher ein dunkles A im Namen, das Pfarrdorf Aßling und der Weiler Ast bei Feldkirchen-Westerham aber ein helles Á. Wie konnte das passieren?

Wasserburg weist die normale Lautung auf, Aßling und Ast, auch die „Hohe Asten“, Deutschlands höchster Bergbauernhof unterhalb des Riesenkopfs, gesprochen als Ástn, haben deswegen ein helles Á, weil bei ihnen eine Umlautung erfolgt war:

Bei der Schreibung Azzalinga von 778 (in Kopie von 824) wirkte das I auf das Anfangs-A ein und führte dadurch zur Aufhellung. Ast wird für 1020/35 erstmals bezeugt und zwar als Ovista und beruht auf althochdeutsch awist = Schafstall! Keine Spur also von einem Zweig beziehungsweise Ast mit dunklem A!

Die Schreibung Ei oder Ai kann für auswärtige Menschen in unseren Breiten ein richtiger Stolperstein sein: Je nachdem, ob die Schreibung Ei oder Ai auf einem mittelhochdeutschen langen I oder einem alten Ei-Zwielaut beruht, heißt es Weiching, so gesprochen wie geschrieben, aber bei Bad Aibling Oabling. Das alte Ei entwickelte sich nämlich im Mittelbairischen zu Oa.

Und tatsächlich: Weiching liegt wohl ein Personenname Wîgo, Aibling ein Personenname Epino, auch Eibilo, zugrunde. Daher die Bitte: Die bairischen Aussprachen beibehalten! Sie sind ein Kulturgut – und helfen der Wissenschaft!

Armin Höfer

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