„Der Fliegende Holländer“ in Marias Kino

von Redaktion

Bad Endorf wird per Live-Stream zum Schauplatz der Bayreuther Festspieleröffnung

Bad Endorf – Jürgen Bach machte es möglich, dass Wagner-Fans nicht unbedingt nach Oberfranken reisen mussten, um am vergangenen Samstag die diesjährige Bayreuther Festspieleröffnung erleben zu können. In Oberbayern gab’s Streaming für ein erlesenes Publikum, und das richtig schön breit auf der Leinwand. Fast wie im Haus auf dem Grünen Hügel gute 300 Kilometer nördlich des Chiemgaus – in Marias Kino. Lange musste mancher Interessent auf die Chance warten, einen der coronabedingt wenigen Plätze zu kriegen.

„Der Fliegende Holländer“ war als Premieren-Ereignis angekündigt: Erstmals in der Geschichte der Bayreuther Festspiele stand eine Frau am Pult: die Ukrainerin Oksana Lyniv. In der Inszenierung von Dmitri Tcherniakov, der auch die Bühnenbilder schuf, debütierte die Litauerin Asmik Grigorian als Senta. Sie sollte die Sensation des Abends werden. Der von Covid-19 genesene, wohl davon noch immer angeschlagene John Lundgren wagte sich an die Hauptrolle, die ihm als Rächer des Selbstmords seiner Mutter – so die seltsame, die Ouvertüre illustrierende Vorgeschichte – zufiel.

Die halbstündige Einführung für die Kinogänger war nicht geglückt. Festspielchefin Katharina Wagner wurde von einem dicken Topf mit Losen eines nicht näher beschriebenen Wettbewerbs bedeckt. Dauerlacher-Moderator Axel Brüggemann musste seinen eingegipsten Unterschenkel preisgeben und kurze schwarze Hosen mit einer roten Socke tragen. Minutenlang war die Kamera auf das von Fotografen ins Auge gefasste Festspielhaus gerichtet, ohne Sinn und Info-Gehalt. Am übelsten: die Kameraführung der Aufnahme des gut zweistündigen Bühnengeschehens. Die Film-Regie brachte es fertig, die Gesichter im zweiten Aufzug stets durch einen Balken zu verdecken. Kein Schwenk während der Aufführung auf die mit Spannung erwartete Debütantin am Pult. Weder sie noch der Regisseur wurden im Vorspann interviewt, um ihr eigenartiges Konzept zu umreißen.

Die Buhs für das Produktionsteam inklusive (unverständlicherweise) des lang gedienten Chorleiters Eberhard Friedrich (sein Name fehlte auf dem schönen Programmzettel) waren zu erwarten. Ein Holländer ohne Schiff und „Seeleut`, Seeleut`“ – das war für Kenner der Oper denn doch zu viel des Zumutbaren. Jürgen Bach sei`s dennoch gedankt – er lädt auch schon zum nächsten Opernbesuch in Marias Kino ein: zu einer „Aida“ von den Salzburger Festspielen. Termin: Sonntag, 22. August, um 11.30 Uhr.Hans Gärtner

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