Ein farbenprächtiges Spektakel

von Redaktion

Oper Maxlrain inszeniert „Die Großherzogin von Gerolstein“ von Jacques Offenbach

Tuntenhausen – Liest man die ausführliche Inhaltsangabe von Jacques Offenbachs Opéra bouffe „Die Großherzogin von Gerolstein“, denkt man unwillkürlich „geht’s noch?!“ Rachegelüste, verschmähte Liebe, Mobbing, versuchter Mord, eine verunglückte Hochzeitsnacht, Machtgeilheit, eitle Selbstinszenierung werden in einen Topf geworfen, kräftig umgerührt und – es wird aus diesem Mischmasch ein farbenprächtiges, witziges Spektakel!

Gesellschaftliche
Satire

Der erfahrene, aus Südafrika stammende Regisseur Leonhard Prinsloo hatte konsequent die Satire auf „Gesellschaft und Politik“ im Auge und setzte auf groteske Übersteigerung und Witz im Detail (Regie-Assistenz Ibanez Alfonso). Da marschiert die liebenswert derangierte Armee der Großherzogin auf und erinnert an die beliebte Feuerwehrkapelle vom „Fränkischen Fasching“. Zugleich amtieren die wackeren Veteranen als männlicher Teil des Chors. Zusammen mit den Choristinnen halten sie die Szene immer in Bewegung und zeigen, schmuck uniformiert im Verein mit den freundlichen Dirndln der Frauen, eine sowohl optische wie akustische Präsenz (Korrepetition: Amangul Klychmiradova).

Es wird ja oft über haarsträubende Opernlibretti gespöttelt und deshalb die Seriosität des ganzen Genres in Frage gestellt. Aber Oper, auch Operette oder Opéra bouffe leben trotz aller Paradoxien, die ihnen anhaften („prima la musica!“) durch die Musik. Den Komponisten Jacques Offenbach muss man hier nicht extra würdigen. (Eine Stimme aus dem Publikum: „Ich liiiebe Offenbach!“). Umso mehr sind das Orchester und die Dirigentin Chariklia Apostolu hervorzuheben. Die zahlenmäßig sehr überschaubaren Instrumentalisten, durch die Bank jung und hochmotiviert, gaben der Musik Schwung und Pfiff und auch die gewisse Opulenz des Klangs, ohne den das Bühnengeschehen sich nicht standesgemäß entfalten könnte. Chariklia Apostolu schien die Musik intensiv verinnerlicht zu haben, sie lebte in ihr und somit hatte sie das Orchester in sicherem Griff. Unglaublich die rhythmisch-geschmeidige Präzision, zu der die Dirigentin ihre Leute erzogen hatte.

Haben wir die Gesangssolisten vergessen, die eigentlichen Protagonisten des Geschehens? Lassen wir sie flugs Revue passieren: Allen voran die grandiose Titelheldin Kerstin Turnheim als Großherzogin. Stimmlich souverän ist sie auch mimisch und gestisch mit allen Wassern gewaschen. Und so nehmen wir ihr einfach alles ab: ihre Launen und Capricen, ihre unbedachten Befehle und Entscheidungen. Selbstverständlich auch ihre sprunghaft wechselnden erotischen Optionen. Ihr zur Seite als protokollierende Hofdame steht die grazile Ida (Heidi Baumgartner).

Gegenpol und doch Beinahe-Ehemann der Herzogin, agiert Bonko Karadjov mit burleskem Charme als stimmlich jeder Lage gewachsener Korporal Fritz, dem zu aller, aller guter Letzt doch noch ein Happyend beschieden ist. Er darf schließlich das arme, aber liebreizende Bauernmädchen Wanda (Justyna Ilnicka) ehelich in seine Arme schließen.

Diesen naiven Lichtgestalten stehen die finsteren, aber grotesk aufgebrezelten Dunkelmänner entgegen: Der isländische Bariton Oddur Jónsson als General Boum, der kindlich hüpft, wenn ihm ein Coup gelungen ist und ebenso heult, wenn die Herzogin sein Ego kränkt. Zusammen mit dem intriganten Baron Puck (Sascha Zarrabi) zettelt er einen Krieg mit dem Nachbarländchen an, um die Herzogin in Atem zu halten, die aus Langeweile immer mehr Geschmack an der Alleinherrschaft gefunden hat.

Spießiger Prinz,
schnöselinger Baron

Zudem versucht man, der unbemannten Regentin einen Ehegespons aufzuhalsen, just eine spießige Witzfigur mit „Fistelstimme“ und mächtigem Embonpoint. Köstlich der quirlig-komödiantische Fritz Spengler als Prinz Paul! Sogar ein schnöseliger Baron Grog (Peter Lukan) tritt auf, scheidet aber im letzten Moment als herzoglicher Gemahl aus dem Rennen: Er ist bereits verheiratet und vier Kinder hängen ihm als Klotz am Bein.

Da der Großherzogin alle Felle davonschwimmen und ihr nur Prinz Paul bleibt, resümiert sie resigniert: „Wenn man nicht haben kann, was man liebt – liebt man, was man hat.“ Darf man ihr das glauben? Die Erscheinung der Maxlrainer Großherzogin hätte im richtigen Leben doch sicher unbegrenzte Auswahl…

Das Publikum liebt die Maxlrainer Oper – und es darf sie nun, der Pandemie abgetrotzt, wieder haben. Riesiger Beifall für alle Beteiligten. Darauf stoßen wir an mit…? „Was trinkt unserainer!“ meinte Soldat Fritz…

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