Erl – Wer kennt es nicht, das Land, wo die Zitronen blühen? Für Johann Wolfgang von Goethe war seine Reise nach Italien eine Offenbarung. Der Dichter schuf mit der Beschreibung des Landes seiner Sehnsucht ein unvergängliches literarisches Denkmal und weckte zugleich die Italienbegeisterung nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.
Prominenten
Reisenden gelauscht
Mit Musik und Texten zu Italien versetzten Sprecher Udo Wachtveitl und das Amici Ensemble mit Andrea Kim und Anne Schoenholz (Violine), Tobias Reifland und Peter Zelienka (Viola) sowie Samuel Lutzker und Florian Fischer (Violoncello) das Publikum im Festspielhaus Erl in eine heitere Stimmung. Auf dem Programm, durch das die Geigerin Anne Schoenholz führte, standen Werke von Mendelssohn, Tschaikowsky und Julius Fucik. Wachtveitl las bekannte und weniger bekannte Texte bedeutender Italienreisender wie Mendelssohn, Dickens, Werfel und Joseph von Eichendorff.
Wachtveitl präsentierte die einzelnen Texte mit viel Sinn für den Humor des jeweiligen Autors. Mendelssohn, der Italien als einen großen Park mit einem Haufen von lebensfrohen Müßiggängern ansah, schrieb in einem Brief ergriffen: „Das Land sieht so feierlich aus als sei man ein Fürst.“ Mit dichterischer Fantasie gestaltete Franz Werfel die fiktive Begegnung zwischen den beiden großen musikalischen Rivalen Verdi und Wagner zur Karnevalszeit in Venedig. Die kleine, lebhafte Gestalt Wagners, der unaufhörlich redet und sich Verdi gegenüber fragt: „Warum hassest Du mich?“, erzeugte bei dem italienischen Komponisten nur Bitterkeit und Verdruss.
Sprühend virtuos spielte das Amici Ensemble zunächst aus Mendelssohns Streichquintett B-Dur op. 87 den ersten Satz „Allegro vivace“, der vor Überschwang und Lebensfreude brodelte. Melodisch zart erklang hingegen der elegante zweite Satz mit seinen zahlreichen Pizzicato und Bogenpassagen. Hochromantisch mit viel Dramatik, italienischem Schmelz und der wehmütigen Melodik der russischen Seele berührte Tschaikowskys viersätziger Instrumentalzyklus „Souvenir de Florence“ in d-Moll op. 70. Das Amici Ensemble interpretierte das Werk klangsatt und farbkräftig in makelloser Homogenität.
Station in Bologna,
Turin und Parma
Originell gemeint, aber ein wenig banal wirkte Wachtveitls Ratespiel, bei dem das Publikum die Namen der italienischen Städte in der jeweils geschilderten Episode herausfinden sollte. Zurufe korrekter Städtenamen zeigten zwar den hohen Bildungsgrad des Publikums, unterbrachen aber unschön die Textstellen, kaum, dass der Sprecher damit begonnen hatte, sie vorzutragen. Wortreich schilderte Goethe in Bologna die herrliche Aussicht auf die Alpen, für Nietzsche war Turin die Stadt nach seinem Herzen und für Dickens Parma. Romantische Beschreibungen Roms von Eichendorff wechselten mit Schnitzlers Beschreibung des alternden Casanova, der seinen jungen Rivalen mit dem Degen ersticht.
Etwas willkürlich folgten in munterem Fortgang Texte von Graham Greene und Otto Julius Bierbaum. Dessen skurriler Vergleich von Pasing mit Fiesole und ein von Wachtveitl geschilderter makabrer Tod in Neapel, verursacht durch ein vom Balkon herabfallendes Schwein, riefen bei den Hörern Belustigung hervor. Dass die Pizza Margherita tatsächlich den Namen der italienischen Königin trägt, war dann am Ende noch ein Erkenntnisgewinn nebenbei.