Und in der Stille flehen leise Lieder

von Redaktion

Immling-Festival Kunstinstallation von Ludwig Baumann will den im Lockdown verstummten Künstlern eine Stimme geben

Halfing – Aus vollem Lauf unfreiwillig eine Vollbremsung hinlegen und dann mit Motorschaden liegenbleiben. So oder so ähnlich wirkte der Lockdown und der daran folgende Stillstand auf die Kultur. Abgesehen von existenziellen Nöten wurde auch die kreative Schaffenskraft vieler Künstler „gelähmt“. Wohin mit all den guten Ideen?

Ludwig Baumann, Intendant des Immling-Festivals, fand ein anderes Ventil: Weil Musik nicht möglich war, steckte er seine schöpferische Kraft in einen kreativen Gestaltungsprozess ganz anderer Art. Was dabei entstand, ist seither unterhalb der großen Festspielhalle zu bewundern – eine Kunstinstallation im Freien. Viele Gäste der laufenden Spielzeit nutzen die Pausen, um diesen Ort der Stille aufzusuchen – so auch der Titel von Baumanns Werk: „Die Stille“.

Seit 2008 hatte Baumann in seinem Fundus die Formen von elf 18 Meter hoher Fußballfiguren, die Teil einer Kunstinstallation der EM 2008 in Zürich waren, eingelagert. Nun bekamen die EM-Reliquien eine kreative Neuausrichtung. Die in gut ein Meter große Teile zerlegten Segmente unterschiedlichster Form, verteilte Baumann über die leicht abschüssige Wiese und krönte sie mit Holzfiguren aus Altholz.

An die 30 Künstler aus aller Herren Länder, die beim Immling-Festival arbeiten, waren eingeladen, sich in das Kunstprojekt einzubringen: In weißer Schrift versahen sie die blauen Elemente mit assoziativen Gedanken und gaben so den Holzfiguren ihre Stimme. Diese stummen Botschaften bleiben „ungesehen“, denn die oberhalb stehenden Zuschauerstühle sind leer. Zudem bleiben diese Aussagen „unbegleitet“, was ein am Rand platziertes Klavier ohne Pianist versinnbildlicht. Neben dem Klavier zeigt ein Wecker auf fünf vor zwölf.

Wer sich die Zeit nimmt, der hört in „der Stille“ dennoch vieles: das Zirpen der Grillen, das Singen der Vögel, das Summen der Bienen oder das Rauschen des Windes. Der Klang der Natur mag über vieles hinwegtrösten: „Leise flehen meine Lieder“, steht auf einem der Elemente. Bleibt zu hoffen, dass irgendwann Gras über diese pandemischen Traumata wächst.Kirsten Benekam

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