Erl – Zur Eröffnung des kleinen Saals im Festspielhaus von Erl spielte das Mariko-Hara-Haselsteiner-Sextett Werke von Richard Strauss, Anton Webern und Arnold Schönberg. Am Beginn stand jedoch entgegen der Programmankündigung nicht Schönbergs „Verklärte Nacht“, sondern das Streichsextett aus der Oper „Capriccio“ von Richard Strauss.
Johannes Fleischmann und Antonia Rankersberger (Violine), Raszvan Popovici und Mariko Hara-Haselsteiner (Viola) sowie Andreas Brantelid und Sebastian Bru (Violoncello) bannten das Publikum mit einer wunderbar homogenen, fein ausdifferenzierten Klangkultur. Die wiegende Melodik im Streichsextett aus der Oper Capriccio“ von Richard Strauss mit zarten Pizzicato-Effekten steigerte sich bald zu einem schwelgerisch drängenden Hörgenuss. Thematischer Keim ist ein einfaches Fünfton-Motiv in der ersten Violine, das vielfältig verändert und weiterentwickelt wird, in seiner Urform aber ständig präsent bleibt.
Schön anzusehen war das perfekt aufeinander abgestimmte musikalische Miteinander der Instrumentalisten. Nach dem leise verklingenden Schluss trat im Publikum hörbare Stille ein.
Die gediegene Eleganz des kleinen Saals bildet für Kammermusik einen wunderbaren Rahmen. Sinnvoll wäre es jedoch, in Zukunft ein Podium zu installieren, da sich das Ensemble mit dem Publikum auf einer Ebene befindet und somit die Sicht auf die Ausführenden aus den hinteren Reihen versperrt ist.
Anton Weberns langsamer Satz aus seinem Streichquartett op. 28 erinnert in seiner Klangsprache an Brahms. Die vier Streicher interpretierten den Satz, den eine klare Struktur kennzeichnet, mit zartem Feinsinn. Da stimmte jeder Einsatz, da wirkte das Spiel des Quartetts, als sei es ein einziges Instrument.
Mit Schönbergs „Verklärter Nacht“ op. 4 erklomm das Streichsextett bravourös den Gipfel der Spätromantik. Das nach einem Gedicht von Richard Demel entstandene Klangwunder des erst 25-jährigen Komponisten ist, wie sich der erste Geiger Johannes Fleischmann ausdrückte, „pure Emotion“. Auch hier wird die Klangsprache von Brahms weiterentwickelt. Zudem haben Schönberg subtile Auflösungstendenzen Wagners beeinflusst.
Das Wogen und Weben der Streicher, zarte Pizzicato-Effekte und melodramatische Ausbrüche schufen ein kaum überbietbares Hörerlebnis, dem sich das Publikum dankbar hingeben durfte. Eine Rezitation von Dehmels Gedicht stimmte das Publikum sinnig auf die rauschhaft-elegische Komposition ein. Viel Beifall gab’s, aber keine Zugabe, die nach einer solchen Musik auch nicht mehr passend gewesen wäre. Georg Füchtner