Erl – Die Sonntags-Matinee war zwar das Abschlusskonzert der diesjährigen Tiroler Festspiele Erl – aber musikalisch herrschten doch etwas viel düsterer Abschiedsschmerz, Klage und Wehmut.
Schicksalsschwerer „Gesang der Parzen“
Mit dem dunkelklagenden und schicksalsschweren „Gesang der Parzen“ von Brahms begann’s, der Chor der Festspiele sang konsonantengestählt, schien insgesamt aber mit diesem so schwerblütig-deutschen Werk etwas zu fremdeln, sodass die aufgehellten A-cappella-Passagen in der sechsten Strophe bei den Frauenstimmen etwas verloren und bei den Tenören etwas verengt klangen. Auch war der Chorklang wenig gerundet. Aber man spürte die harte Probenarbeit, sodass sogar der Hauchlaut „H“ beim letzten Wort „Haupt“ („Und schüttelte das Haupt“) genau herausgestellt und fast gesungen war.
Der junge Dirigent Thomas Guggeis, in Dachau geboren, in Straubing aufgewachsen und nun Staatskapellmeister in der Oper Unter den Linden in Berlin, betonte mit enorm energischen Gesten die schicksalhafte Unerbittlichkeit, wo er vielleicht manchmal mehr das Fließen des Klangs produzieren hätte können.
Dann aber, beim „Lied von der Erde“ von Gustav Mahler, blühte und trumpfte das Orchester auf und glänzte und schillerte in allen Farben, malte zum Beispiel mit ganz feinem Pinsel die heiteren Chinoiserien im dritten Teil („Von der Jugend“) nach und ließ den Abschied vom Tag, vom Herbst und vom Leben in aller Sonnenuntergangschromatik leuchten. Guggeis hatte die komplizierte Partitur vollständig im Kopf und antizipierte gestisch immer alle wichtigen Instrumentaleinsätze.
Anfang schien AJ Glueckert mit seinem hell timbrierten und mühelos anspringenden Tenor in den Orchesterfluten zu versinken, gewann dann aber immer mehr an klanglicher Statur und besang volllautend und wohllautend das Glück des vollen Bechers.
Voller Hingabe
gesungen
Paula Murrihy bettete sich wohlig in den süffigen Orchesterklang und wiegte sich tiefempfindend mitten hinein in die elegische Abschiedsmelancholie, mit langen Melodiebögen, die bis an das Phrasenende mit Spannung aufgeladen waren, besang den aufgehenden Mond und das müde Herz, aber nimmermüde war ihr Herz, das von Hingabe überfloss, und überströmend und -flutend sang ihr voller Mezzosopran.
Ein starker Abschluss war das einer organisatorisch schwierigen und doch erfolgreichen Festspielsaison mit einer 70-prozentigen Auslastung. Die Zuhörer lauschten beinahe atemlos und dankten am Ende mit kräftigem Applaus: Sie können sich bald auf das Gitarrenfestival „La Guitarra“ Mitte August (siehe unten) und dann auf die Erntedank-Konzerte Anfang Oktober freuen.