Halfing/Immling – Petrus machte jüngst so manch einer Wanderung einen Strich durch die Rechnung. Selbst die vom Immling-Festival geplante „Musikalische Wanderung“, die nicht nur durch verschiedene Epochen und Instrumentierungen, sondern auch an verschiedenen Plätzen in der Nähe des Opernfestspielortes erlebbar gemacht werden sollte, musste vom Veranstalter auf die Piazza verlegt werden.
Hier durften die Zuhörer dann am Platz der Musik lauschen, die eigentlich an vier unterschiedlichen Stationen in freier Natur kredenzt werden sollte. Gewandert sind stattdessen die vielen dunklen Wolken, die sich immer wieder vor die Sonne schoben: Eine „spannende“ Wetterlage, die mit ihrer variationsreichen Atmosphäre so ganz zu den Stimmungen der Musikvorträge passte. Zudem waren die musikalischen Beiträge von insgesamt vier Formationen so inspirativ, dass sich mühelos die entsprechenden Naturaussichten assoziieren ließen.
Bei aufsteigendem Nebel auf einer Lichtung im Wald hätten die bekannten Werke – Jagdhornquartette und Waldstücke von Carl Maria von Weber bis Felix Mendelssohn-Bartholdy – trefflich gepasst. Das Hornquartett (Marinus Brückman, Attila Kelemen, Tomas Topolski und Imre Ujj) beeindruckte mit majestätischem Bläserklang. Besonders „Der Lindenbaum“ passte so ganz in diese stürmische Zeit, denn einen solchen erlegte das letzte Unwetter, das über Halfing hinwegfegte und so wurde der „gefallenen Linde“ Schuberts Werk zum Requiem.
Nicht weniger gut passte Schuberts „Forellenquintett“ Op. post. 114 D in A-Dur ins Freiluft-Programm. Das populäre Finale – Allegro giusto – ließ die munter im Wasser schwimmenden Forellen vorm inneren Auge erscheinen. Natia Chilashvili (Violine), Ketevan Kvitsinadze (Viola), Elene Jimshitashvili (Cello), Arman Nazarov (Kontrabass) und Iris Schmid-Linnemann (Piano) waren also so ganz miteinander im Fluss und freuten sich nach dem leidenschaftlichen Zusammenspiel über einen kräftigen Schlussapplaus.
Vom Winde verweht kam das Holzbläserquartett (Kakhi Chargeishvili – Flöte, Lasha Mgebrishvili – Oboe, Nodar Bitsadze – Klarinette und Nika Eradze – Fagott) zu Gehör und zeigte sich so ganz und gar stressresistent: Die von Böen hinweg geblasenen Notenblätter waren teils vom Publikum schnell wieder eingesammelt. Der enormen Virtuosität und Vielseitigkeit des Quartetts, das mit Werken von Mozart, Bach, Tschaikowsky oder Bizet begeisterte, konnte die Windstörungen nichts anhaben. Ein wahres Streichklanggewitter steuerte das Kammerorchester „Georgian Sinfonietta“ unter der Leitung von Cornelia von Kerssenbrock zur „Musikalischen Wanderung“ bei und schickte damit die hingerissenen Gäste durch die Epochen der klassischen Musik: Vom Barock mit Jean-Philippe Rameau (Contredanse aus „Les Boreades“), über die Klassik mit Luigi Boccherini (Menuett und Trio aus dem Quintett in E), mit Tschaikowski (Valse aus Serenade für Streicher op. 48) zur Romantik, bis hin zur Neuen Musik mit zwei Werken von Astor Piazzolla.
Ein Segen, dass sich am Ende des Open-Air-Konzerts die Sonne durchsetzte und so „hagelte“ es auf der Piazza einen kräftigen Applaus.
Kirsten Benekam