Ein Glück, dass man sich so verlieben kann

von Redaktion

Operetten- und Filmschlager von Friedrich Schröder im Antretter-Saal

Stephanskirchen – Die Älteren unter uns werden sich noch erinnern an den Film „Hochzeitsnacht im Paradies“ (1950) mit Johannes Heesters in der Regie von Géza von Bolváry (der übrigens auf dem Friedhof von Altenbeuern liegt) oder an den gleichnamigen Film (1962) mit Peter Alexander und Waltraut Haas. Viele erinnern sich noch an die schwungvollen und liebesseligen Lieder, weniger an den Komponisten der Revue-Operette, die diesen Verfilmungen zugrunde liegt.

Komponieren
als Kanonier

Dieser, Friedrich Schröder (1910 bis 1972), ist im Zweiten Weltkrieg als Kanonier in Rawitsch in Polen stationiert, als aus Berlin das Textbuch für die Operette „Hochzeitsnacht im Paradies“ per Feldpost bei ihm eintrifft. Er soll es möglichst schnell vertonen. Zwischen zerrissenen Drillichanzügen und verschwitzten Socken komponiert Schröder die verträumten Liebeslieder der Operette. Die Operette wird 1942 im Berliner Metropoltheater uraufgeführt und dann über 500-mal en Suite gespielt. Schröder komponierte später fleißig Filmmusik und unzählige Schlager.

Franz Hawlata ist auf allen Bühnen der Welt als Bassist engagiert, lebt heute in Haidholzen und hat im Rahmen der Kulturwoche Stephanskirchen („Sommer dahoam“) im Antretter-Saal einen Abend für Friedrich Schröder veranstaltet, zusammen mit der Sopranistin Yvonne Steiner und dem Tenor Marcus Herzog. Es wurde ein herzanrührender, zündender und Erinnerungen weckender Abend. Hawlata war manchmal geradezu geschüttelt vom Mitteilungsfuror und von der Sangeslust, Yvonne Steiner gab sich sowohl liebreizend als diseusenhaft, Marcus Herzog sorgte, etwas gestenarm, für tenorale Spitzentöne. Alle artikulierten vorbildlich und verließen dabei doch nicht die Legato-Linie – die große Kunst des Operettengesangs. Esther Schöpf unterstrich und untermalte die Melodien mit ihrer Geige, Norbert Groh hielt alles zusammen, gab am Klavier und am Akkordeon die orchestrale Fülle und ließ den jeweiligen Rhythmus explodieren, Beide ersetzten so ein sonst 90-köpfiges Filmorchester, unterstützt manchmal von den Sängern, die Gitarre zupften und Holzklöppel und Triangel schlugen und die Rumbakugel kreisen ließen.

Der erste Teil gehörte ganz der „Hochzeitsnacht im Paradies“. „Ich spiel mit Dir“, kokettierte Yvonne Steiner, gestand liebesselig „Ich glaub‘ an Dich und Deine Liebe“, diktierte dann schelmisch den „Stundenplan der Liebe“: „…und Freitag gibt es Streit!“ und freute sich im Duett mit dem Tenor, wenn „der Sekt in Strömen fließt“. Marcus Herzog träumte „So stell ich mir die Liebe vor“ und wusste liebeskundig: „Es kommt auf die Sekunde an!“ Hawlata spielte im Duett mit der Sopranistin den Betrunkenen, der sich im Zimmer irrt: „Was ich Dir noch sagen wollte, denk an mich im Bett!“ Alle zusammen sangen dann selig das Lied, das das Motto der Operette sein könnte: „Ein Glück, dass man sich so verlieben kann!“ Im zweiten Teil gab’s weitere Schröder-Schlager: Hawlata sang scherzhaft-charmant vom „Chinamann, der liebt das Kindermädchen Marzipan“ und im Duett mit Steiner das nicht mehr politisch korrekte, aber textlich das Los der schwarzen Sklaven nicht verleugnende „Negermamas Negerlied“, spielte die Gitarre zu zwei Kanzonen, die das schöne Florenz besingen, während Marcus Herzog den unsterblichen Oldie zum Besten gab: „Ich tanze mit Dir in den Himmel hinein“, zu dem wohl so mancher im Saal den Langsamen Walzer gelernt hatte.

Körperschütteln
beim Mambo

Ausgelassen endete dieser erinnerungsselige und gute Laune machende Abend mit dem körperschüttelnden „Amazonas-Mambo“ aus dem Film „Charleys Tante“, wonach dann nach herzlichem Applaus noch ein schmerzlich-schöner Liebesabschieds-Song ertönte: „Leb wohl, Adieu, auf Wiedersehen“. Es war ein Glück, dass sich die drei Sänger und die zwei Musiker so in die Musik von Friedrich Schröder verliebt haben, und es war ein Glück für die erinnerungsseligen Zuhörer, die sich aufs Neue in diese alte Musik verlieben konnten.

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