Geburtstagsgeschenk für das Publikum

von Redaktion

Jazzpianist Abdullah Ibrahim spielt zu seinem 87. Geburtstag beim Hirzinger in Söllhuben

Riedering – Abdullah Ibrahim, der Grandseigneur des Jazzpianos, beschenkte sich und sein Publikum an seinem 87. Geburtstag mit zwei Konzerten beim Hirzinger in Söllhuben. „Dream Time“, ein Album für die Ewigkeit, war hier nochmals als Konzert zu hören und überzeugte aufs Neue mit glücklich machender Wärme und meditativ-fesselnder Ruhe. Abdullah Ibrahims Kompositionen bestechen, nein, bezaubern mit einer spirituellen Kraft, die noch lange nach dem Konzert nachschwingt.

Jeder Ton ist hier gefühlvoll ausgespielt. Aus ganz leisen Tönen schält sich eine Melodie heraus, Motive wiederholen sich, die Melodie folgt ein zweites Mal, mit öffnenden Akkorden ergibt sich eine neue Melodie, die sich mit neuen Motiven wiederholt und so geht es weiter und weiter. Eine Melodie, die sich über knapp 70 Minuten non-stop fortspinnt. Eine Erzählung, die Abdullah Ibrahim mit seinem Fazioli-Flügel farbenprächtig ausmalt. Da wird auf den Ausdruck reduziert und doch schwingen melancholisch-schimmernd, versonnen-lyrisch, magisch-betörend Einflüsse aus Blues, christlichen Gesängen und Jazz mit.

Abdullah Ibrahim nimmt den Zuhörer mit auf eine Reise um die ganze Welt, in die er – geboren und aufgewachsen in Kensington, einem der Armenviertel Südafrikas – sich aufgemacht hat. Diese Lebensreise führte ihn über Europa und die USA immer wieder zurück nach Südafrika. So setzte er mit seiner Anti-Apartheitshymne „Mannenberg“ ein Zeichen und spielte knapp 20 Jahre später zur Amtseinführung Nelson Mandelas 1994 wieder in Südafrika.

Ibrahims Musik ist sanft und nachdrücklich. Da entstehen greifbare Nähe und Direktheit, da wächst aus wenigen Tönen eine Klanglandschaft, da flicht sich ein Band zwischen Pianisten und Publikum. Es ist eine Musik, die langsam fließend ihre Kraft entfaltet und die mit unaufdringlicher Intensität punktet.

Inzwischen 87 Jahre alt wirkt Abdullah Ibrahim keineswegs wie jemand, der sich zur Ruhe setzen möchte. Im Gegenteil, seine auffallend schlanken Finger sinken sanft auf die Tasten und zaubern unentwegt Melodien. Über eine Stunde lang, voll konzentriert, um dann wie aus einer Trance erwachend mit sanft angedeutetem Lächeln und schmaler Verbeugung den langanhaltenden Applaus entgegenzunehmen. Die Zugaben – eine bedächtige Melodie am Fazioli-Flügel und ein gesungener Gospel – setzen die Kontemplation fort.

Würdevoll, bescheiden, in sich ruhend wirkt Abdullah Ibrahim, und doch flößt seine Musik mit ihrer nachdrücklichen Erzählkraft und erhabenen Ruhe großen Respekt ein. Ein schöneres Geburtstagsgeschenk hätte Abdullah Ibrahim sich und dem Publikum nicht machen können – danke und Happy Birthday!

Elisabeth Kirchner