Seeon – Der 18. Chiemgauer Musikfrühling im Herbstgewand bescherte den Zuhörern im zweiten Konzert hochkarätige Stars mit einer langen Liste von internationalen Auftritten in Konzertsälen und bei Festivals. Dementsprechend hoch war das Niveau – um Technik geht es hier nicht mehr, sie war präzise, gestochen scharf und sicher. Gepaart war diese Virtuosität – und nur so kommt sie zu ihrem Recht – mit Temperament, Energie, Aussagekraft und Musikalität.
„Glühende
Saiten“
„Glühende Saiten und goldene Tasten“ war das Motto des Konzertabends, aber der Flügel war zur Seite geschoben, er kam im Programm nicht vor. Dafür glühten die Saiten umso mehr. Und der lange, intensive Atem der Flötistin, die virtuos überzeugte, trug die wunderbare Musik durch den Raum.
Das Thema „La ci darem la mano“ („Reich mir die Hand mein Leben“) der Arie aus Mozarts „Don Giovanni“ leitete das Konzert im Festsaal von Kloster Seeon ein: Die Dänin Janne Thomson an der Flöte sowie an den Violinen die Russin Alissa Margulis und der in Bukarest geborene Bratschist Razvan Popovici, der zugleich Initiator und Intendant des Chiemgauer Musikfrühlings ist, nahmen sich der Komposition Ludwig van Beethovens an.
Beethoven hatte die bekannte Mozart-Melodie mit einer eigenen Aussage versehen und etliche Variationen hinzukomponiert, die jeweils dynamische oder rhythmische Veränderungen aufweisen oder durch Tausch der melodischen Passagen sowie der abwechslungsreichen Begleitung unter den Instrumenten kompositorisch-kreativen Schöpfungswillen zeigen.
In den drei Sätzen von Max Regers Serenade für Flöte, Violine und Viola, op. 141a war Erik Schumann an der Violine zu hören. Gleich der erste Satz „Vivace“ war voller dynamischer Gegensätze. Schwungvoll-Virtuoses schlug unvermittelt in Getragenes um, manchmal durchaus übersteigert, sodass die langsameren Passagen geradezu ironisch anmuteten. Das Larghetto mit seinen punktiert hüpfenden Noten wirkte verspielt. Auch im dritten Satz „Presto“ bewegten sich die Instrumente wieder in einem gleichberechtigten Dialog.
Vor dem dreisätzigen Duo für Violine (Alissa Margulis) und Violoncello op. 7 von Zoltán Kodály zitierte der Cellist Justus Grimm den Komponisten: „Dieses Werk setzt eine ungeschönt rustikale Handhabung der Streichinstrumente voraus“, was die Musikpraxis der Bauern widerspiegeln sollte.
Instrumente
im Dialog
Dazu hatte Kodály gemeinsam mit Béla Bártok Feldforschungen betrieben. Die Musiker wollten sich alle Mühe geben, versprach Justus Grimm. Dies stellte sich – wie zu erwarten – als große Untertreibung heraus. Das Werk erklang – neben zarten Pizzicato-Stellen – im Wechsel zwischen Violine und Cello energisch, temperamentvoll und explosiv mit ekstatischen Steigerungen, um dann wieder zu einem samten singenden Cello und einer delikaten Violine zu wechseln.
Dieser Dialog zwischen den Instrumenten beinhaltete perlende Parallelläufe ebenso wie geschlagene Cello-Akkorde, die sich wie eine Liebeserklärung an die melodiöse Geige anhörten. Schwungvoll bewegt mit wilder Presto-Turbulenz – so endete das Finale.
Als Zugabe erklang ein Teil aus dem letzten Satz von Kódaly. „Das Werk ist so improvisatorisch, es klingt jedes Mal anders“, schmunzelte die Geigerin Alissa Margulis. Mit Justus Grimm am Cello verzauberte sie das Publikum noch einmal mit Virtuosität und Musizierfreude.