Klangpoesie mit ironischer Brechung

von Redaktion

Franz Schuberts Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ im Kultur- und Kongresszentrum Rosenheim

Rosenheim – Franz Schuberts Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ nach Texten von Wilhelm Müller strahlt einen unvergleichlichen Zauber aus. Die Musik ist durchtränkt von Wunsch und Entsagung, von elegischer Lyrik und leidenschaftlicher Zartheit. Der unglücklich verliebte Müllerbursche ist ein Getriebener, der im Tränental der Welt nach Liebe und Geborgenheit sucht. Schubert hat diese verzweifelte Wanderschaft durch seine Vertonung zu einem geistigen Genuss gemacht. Im Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum sang den Liederzyklus der australische Tenor John Heuzenroeder. Am Flügel begleitete ihn Felix Hornbachner.

Melancholisch wurde man bereits, weil Heuzenroeder und Hornbachner vor leider nur ganz wenigen Besuchern auftraten. Bevor der Tenor mit dem ersten Lied „Das Wandern“ begann, las der Pianist den Prolog Müllers vor. Mit ironischer Brechung bereitet der Dichter darin „schlicht ausgedrechselt, kunstlos zugestutzt“ die Leser auf den Gedichtzyklus vor. Kraftvoll und beherzt sang Heuzenroeder die eingängig-frische, zum Mitsummen animierende Melodie, die der Pianist mit lebhafter Dynamik untermalte.

Heuzenroeder, der singend durch den Saal zur Bühne schritt und auch mal lässig sein Jackett auszog, an den Flügel hängte und auf der Bühnenstufe Platz nahm, brillierte vor allem in den Liedern, die den Müllerburschen in Zuversicht und leidenschaftlicher Erregung zeigten. Sein Tenor wirkte in dem großen, fast leeren Saal mitunter sehr kräftig und hätte in den zarten Liedern, etwa im „Tränenregen“ oder den „Trockenen Blumen“, ein wenig verhaltener sein können. Pianist Felix Hornbachner gelang es gut, den seelischen Zustand des Verliebten im Fluss des Wassers widerzuspiegeln. Mal in Tönen verführerisch rauschend, mal mit besänftigendem Murmeln, dann wieder in harten Akkorden ungestüm und wild sprudelnd, schuf der Pianist eine Klangpoesie, die bezauberte. Sänger und Pianist harmonierten gut, fanden stets das richtige Tempo.

Ungewöhnlich war, dass Heuzenroeder zwischen den Liedern zur Auflockerung drei der unvertonten Gedichte Müllers vortrug, voller Ironie auch der Epilog, den Hornbachner zum Schluss spielte. Für den klangschönen Liederabend erhielten die beiden Interpreten vom Publikum lebhaften Applaus.Georg Füchtner

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