Traunstein – Das magische Amulett in Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ verleiht dem „Auryn Quartett“ seinen Namen. Es entspricht einem mythologischen Symbol, das mit der Vorstellung der Dualität von „Yin“ und „Yang“ in Verbindung steht, und verleiht seinem Träger geheimnisvolle Kraft. Von solch magischer Kraft war auch der Auftritt des renommierten Ensembles in der Klosterkirche Traunstein geprägt.
Bei seinem Abschiedskonzert nach 40 Jahren Bühnenauftritte wurden die vier Musiker Matthias Lingenfelder (1. Violine), Jens Oppermann (2. Violine), Stewart Eaton (Viola) und Andreas Arndt (Violoncello) vom Publikum regelrecht gefeiert.
Musiker
verstehen sich blind
Mit dem Streichquartett op. 77/2 von Joseph Haydn begann der fulminante Abend. Von Anfang an fielen zwei Pole in ihrem Spiel auf, die sie durch ihre gesamte Karriere begleiteten: der homogene, leicht von der glanzvollen ersten Geige überhöhte Ensembleklang und die vom Guarneri Quartett inspirierte Individualität der Stimmen. Nach dem energischen Eingangssatz überrascht Haydn mit dem untypischerweise mit „Presto“ bezeichneten Menuett, von den Musikern herrlich kratzig-rasant hingefetzt, mit einem anmutigen fließenden Mittelteil. Feierlich zelebrierten sie das Andante, mit einem zarten Beginn nur mit erster Violine und Cello. Nach unzähligen Variationen stimmten sie wieder weich das Anfangsthema an. Der Satz endete wie ein immer ruhiger fließender Atem. Im rassigen Finale „Vivace assai“ wurde deutlich, dass sich die vier Musiker blind verstehen.
Einen Kontrast bildete Benjamin Brittens Streichquartett Nr. 3 op. 94 und machte zugleich die Breite des Repertoires deutlich. Facettenreiche Duos wechselten mit verschmelzenden Klängen. Eindrucksvoll war der Spannungsaufbau im Satz „Very calm“ mit betörendem Violinen-Flageolett und wechselnden Begleitinstrumenten. Welch ein Gegensatz dazu war die stürmische Burlesque. Im Schlusssatz, einem Rezitativ und einer Passacaglia mit dem Titel „La Serenissima“, wanderte ein kurzes markantes Thema auf faszinierende Weise immer wieder durch das Ensemble. Bluesähnlich endete das spannende Werk. Nach der Pause widmete sich die Formation, der äußerst klangschöne, historische Streichinstrumente zur Verfügung gestellt wurden, mit Hingabe dem Hauptwerk des Abends, dem Streichquartett op. 131 von Beethoven und brachte ihre Exzellenz zum Ausdruck. Beachtliche sieben Sätze weist das Werk auf, wobei der zweite, dritte und sechste eher als Übergangssätze zu sehen sind. Expressiv war das einleitende, schwermütige Adagio mit seiner Fuge inszeniert, mit betörend schönen Duos etwa von Cello und Bratsche sowie mit einer vielfältigen Melodik und Harmonik.
„Wiederkommen!“,
ruft ein Zuhörer
Dem gesanglichen Variationensatz „Andante“ schloss sich das scherzoartige „Presto“ mit seinem kinderliedähnlichen Thema an, bevor die Viola im überleitenden Adagio eindrucksvoll die Melancholie der Fuge wieder aufleben ließ. Der Schlusssatz ist der einzige klassische Sonatensatz dieses Beethoven-Quartetts.
Die Laufbahn des Auryn Quartetts ist damit vollbracht. Die Begeisterung des Publikums im Saal kam deutlich zum Ausdruck: „Wiederkommen!“, rief ein Zuhörer. Die Musiker bedankten sich für den Applaus mit dem Finale aus Haydns „Reiter-Quartett“.