Zeitgeschichte emotional und didaktisch präsentiert

von Redaktion

Raphaela Höfners multimediale Lesung an der Wirtschaftsschule Bad Aibling

Raubling – Trotz strenger Hygieneregeln und Anti-Corona-Maßnahmen war ein Kreis von aufmerksamen Zuhörern zum literarisch-zeitgeschichtlichen Abend mit der Rosenheimer Autorin Raphaela Höfner ins Foyer der Wirtschaftsschule Alpenland gekommen. Die Veranstaltung, die im Rahmen der 33. Bad Aiblinger Literaturtage stattfand, begeisterte schnell das interessierte Publikum, denn Höfner gestaltete den Abend mit einer kurzweiligen Zusammenschau verschiedener Medien.

Im Mittelpunkt stand ihre Romantrilogie „Familienschicksale im Dritten Reich“, von der die ersten zwei Bände bereits erschienen sind. Rosenheim spielt darin eine zentrale Rolle. Die Handlung setzt ein, als Hitler an die Macht kommt und die Freundschaft der Rosenheimer Arzttochter Hannah mit dem jüdischen Apothekersohn Jacob, die sich später zu einer leidenschaftlichen Liebesbeziehung entwickelt, auf eine harte Probe gestellt wird.

Es ging der Autorin bei der Veranstaltung in erster Linie aber nicht um die weitverzweigte und spannende Handlung, die auch zu entlegenen Schauplätzen führt, sondern um eine anschauliche Darstellung des zeitgeschichtlichen Hintergrunds. Nachdem sie ihre Darbietung mit einem kurzen Video, auf dem ein Porträt der jungen Autorin und Lehrerin zu sehen war, eröffnet hatte, informierte sie die Zuhörer über historische Ereignisse, die im Zusammenhang mit der fiktiven Romanhandlung eine besondere Rolle spielen. Das Technikteam der Schule projizierte dazu Fotografien, welche Höfner aus dem Rosenheimer Stadtarchiv ausgewählt hatte, auf die Leinwand. Hitlers Besuch in Rosenheim oder SA-Männer vor jüdischen Geschäften waren da beispielsweise zu sehen.

Auch reale Vorbilder für ihre Charaktere konnte die Autorin auf diese Weise anschaulich vorstellen, indem sie etwa Seiten aus dem Kriegstagebuch ihres Großvaters zeigte, das ihr als wichtige Quelle gedient hatte. Als Arzt an der Ostfront hatte dieser die Schrecken des Krieges besonders erleben müssen. Eine alte Landkarte von Russland mit eingezeichneten Aufmarschrouten diente zusätzlich als Anschauungsmaterial.

Dazwischen las Höfner ausgewählte Passagen vor allem aus dem ersten Band, etwa die Stelle, in der Jacob in der Schule erleben muss, wie er als Jude im neuen Fach „Rassenkunde“ vom Lehrer und einigen Mitschülern gedemütigt wird. Durch das so didaktisch und emotional gleichermaßen aufbereitete Material erhielten die Zuhörer detaillierte Einblicke in den Alltag unter der nationalsozialistischen Diktatur und wurden neugierig darauf gemacht zu erfahren, was das Schicksal mit Hannah und Jacob unter der zunehmenden Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung im weiteren Verlauf der Handlung noch vorhat. Doch dazu müssen die Bücher gelesen werden.

Richard Prechtl

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