Aschau im Chiemau/Riedering – Als Sechsjähriger hat er mit dem Zeigefinger das erste Mal auf einem Klavier gespielt, über 80 Jahre später ist es wieder der Zeigefinger, der die ersten Töne auf der neuen CD „Solotude“ übernimmt. Der südafrikanische Jazzpianist Abdullah Ibrahim bietet Musik zum Träumen, zum Entschleunigen, Musik, die ob der innewohnenden Ruhe gefangen nimmt. Sind es bei „Mindiff“ die bedächtigen, die zarten oder bei „Blues for a Hip King“ die magisch-betörenden Akkorde, so überzeugen bei „Peace“ oder „Wedding“ die kathedral-anmutenden Klänge.
Geschichtenerzähler
am Klavier
Verträumter Jazz mit einem Hang zum Blues, auch das findet sich auf „Solotude“: „In the evening“ und „Did you hear that sound“ sind wahre Jazz-Piano-Bar-Stücke, während „Tokai“ und „District 6“ bewegt und arhythmisch daherkommen. Abdullah Ibrahim ist hier der Geschichtenerzähler. Auf seinem Fazioli-Flügel nimmt er seine Zuhörer auf eine Reise mit, die in „Trieste my love“ beginnt und über Amerika und Südafrika wieder an den Anfang zurückkehrt. Bei jedem Stopp fließen die vielen musikalischen, kulturellen, religiösen und politischen Einflüsse ein, die ihm in seinem Leben widerfuhren, die Begegnungen, die ihn geprägt haben und die sich in seiner Musik widerspiegeln. Geschichten, die ohne Worte auskommen, denn das übernimmt die Musik.
Der rote Faden ist der „Blue Bolero“, eine Melodie, die mit ihrem spröden Charme die einzelnen Stationen der Reise verbindet und die durch das dreimalige Wiederholen innerhalb des Zyklus eine beruhigende Kraft ausstrahlt und das Gefühl von Heimat, von Angekommensein vermittelt.
Es ist die Geschichte des Abdullah Ibrahim: Geboren und aufgewachsen in Kensington, einem der Armenviertel Südafrikas, fing Abdullah Ibrahim als Begleiter von Miriam Makeba an, wurde Bandleader der ersten südafrikanischen Jazzband, den „Jazz Epistels“, war später erfolgreicher Musiker im Exil in Europa und den USA und befand sich doch immer mit einem Fuß in Südafrika.
Mit seiner Anti-Apartheids-Hymne „Mannenberg“ setzte er auch ein politisches Zeichen, spielte knapp 20 Jahre später zur Amtseinführung Nelson Mandelas 1994 in Südafrika. Das alles spiegelt sich in seiner Musik wider, Musik, bei der Melodien nahtlos ineinander übergehen und bei der sich auf wunderbare Weise europäische, südafrikanische und amerikanische Einflüsse vermengen.
Album voll
spiritueller Kraft
„Solotude“ ist eine Reise mit spiritueller Kraft, live aufgenommen im Gasthaus Hirzinger in Söllhuben. „Solotude“, das ist die Geschichte von Abdullah Ibrahim, wie er als Sechsjähriger mit dem Zeigefinger das erste Mal auf einem Klavier gespielt hat und wie er über 80 Jahre später wieder mit dem Zeigefinger auf den Tasten die Melodieführung übernimmt.