Bad Aibling – Mit gleich vier Klaviersonaten von Beethoven beglückte Pianist Herbert Schuch im Rahmen der Konzertreihe Klassik! Bad Aibling das Publikum im fast voll besetzten kleinen Kursaal. Passend zur Witterung stand auf dem Programm auch die berühmte „Sturmsonate“, die Schuch nach der Pause zum Erklingen brachte.
In makelloser
Klarheit
Zunächst aber spielte Schuch die Klaviersonate in D-Dur op. 28, deren melodische Kantabilität das Publikum augenblicklich ergriff. Das Allegro mit seinem wie durch einen Schleier vernehmbaren Fallen und Steigen der Melodie und dem nach einem übermütigen Oktavsprung einsetzenden tänzerischen Schlussthema interpretierte der Pianist in makelloser Klarheit und Perfektion. Lebhafte kraftvolle Passagen wechselten abrupt mit zartem Pianissimo, schienen von großer Höhe abzusinken in geheimnisvolle Tiefen.
Im Andante berührte Schuch die Hörer mit einem zunächst rhythmisch-sanften, sich bald leidenschaftlich steigernden Spiel. Eindringlich klangen die Staccato-Motive, die den pathetischen Gesang dieses Satzes effektvoll grundierten. Wirkte das Scherzo eher witzig-naiv, berührte der Schlusssatz durch eine pastorale Melodik und wogende Arpeggien. Schuch verzauberte die Hörer mit einer Farbigkeit und Ausdrucksfülle, die von dahingehauchtem Pianissimo bis zu kraftvollem Forte reichte.
Die drei Klaviersonaten op. 31 komponierte Ludwig van Beethoven in einer Zeit hoher schöpferischer Begeisterung und tiefer Depressionen. Seine extremen Stimmungsschwankungen spiegeln sich auch im gänzlich unterschiedlichen Charakter der drei Sonaten wieder.
Mit spürbarer Freude brachte Schuch die G-Dur Sonate op. 31, Nr. 1 zu Gehör. Das Werk wirkte im Vergleich zu den beiden anderen Sonaten wegen seiner zahlreichen humoresken Einfälle eher wie ein Übungsstück. Im witzigen Allegro vivace zögerte der Pianist das Satzende durch immer neues Ansetzen und Abbrechen hinaus. Nach dem an Haydn erinnernden Adagio grazioso mit effektvollen Trillern folgte ein Rondo Allegretto, in dem die Melodie erneut durch Pausen zerrissen war. Voller Leidenschaft spielte Schuch abschließend die wild wirbelnde, überraschend leise endende Stretta.
In Beethovens d-Moll Sonate op. 31 Nr. 2, der sogenannten „Sturmsonate“, verbinden sich Originalität der Erfindung, Tiefe des Gehalts und eine Klarheit der Form. Schuch interpretierte dieses Werk nicht nur mit Liebe zum musikalischen Detail, vielmehr schien er diese Sonate auch geistig zu durchdringen. Im Largo mit seinem tastenden Beginn wuchs sie Musik gleichsam aus der Stille wie ein Schöpfungswunder.
Beethovens grandiosen Gefühlskosmos von tiefster Ruhe zu stürmischer Erregung, von lyrischer Kantabilität zu eruptiver Leidenschaft spielte Schuch zugleich mit Kraft und Sinnlichkeit. Im träumerisch fließenden Adagio war es, als würden manche Töne geisterhaft nachschwingen. Die immer wiederkehrende, rhythmisch-monotone Melodie im Allegretto, die an ein perpetuum mobile erinnerte, präsentierte der Pianist mit bezwingender Rasanz und fesselndem Ausdruck. Da schien ein Sturm über die Hörer hinwegzubrausen, der die Seele aufwühlte und erschauern ließ.
Beherzt
und zupackend
Beethovens heitere Es-Dur Sonate, op. 31, Nr. 3 beschloss den Abend. Schuch konnte in diesem Werk noch einmal sein pianistisches Können demonstrieren. Beherzt und zupackend spielte er die trillerverzierten Passagen und tanzenden Staccati im Kopfsatz, leicht und lebhaft erklang das Scherzo, ruhig und melodisch fließend das Menuett. Nach den wild wirbelnden, sich zu jagen scheinenden Themen des Presto con fuoco setzte vom Publikum stürmischer Beifall ein. Zum Dank als Zugabe erklang wunderbar innig noch der zweite Satz aus Beethovens „Pathétique“.