„Jetz is Fasching“ – Das „lange“ Faschingswochenende von Donnerstag bis Dienstag treibt in der süddeutsch-bayerischen überlieferten Volkskultur viele wunderbare und ganz vielfältige Blüten. In den verschiedenen Orten sind die Hemadlenzen oder die Fasenikl unterwegs, die Schellenrührer oder die Katzenmusik. In kleinen Gruppen sind früher auch im Verbreitungsgebiet dieser Heimatzeitungen Menschen in bestimmten Verkleidungen mit Musik und Gesang durch die Ortschaften gezogen – das haben ältere Gewährsleute erzählt, die ich über musikalische Traditionen an ihren Heimatorten im Landkreis Rosenheim befragt habe.
Die oft auf Familien und Freundeskreise beschränkten lokalen Bräuche zum Fasching hatten in den vergangenen Generationen feste Abläufe und Zeiten, Figuren und Handlungsformen, die auch eingehalten wurden. Die „Haberngoaß“, eine verkleidete Person mit langem giraffenartigen Hals und Hörnern wurde an einem Strick durch den Ort ge-führt und attackierte mit ihren Hörnern die Passanten. Andernorts ging eine Gruppe Jugendlicher mit „Saubladern“ durch den Ort, hatte Lärminstrumente wie Tierhörner und Tschinellen dabei und besuchte die Häuser, wo ihnen Alkoholisches, aber auch Eier, Brot und Geräuchertes geschenkt wurden, die gemeinsam verspeist wurden. Auch von der „Gretl in da Buttn“, die mit Gefolge durch den Ort zog, vom „Schimmlreiter“ oder vom „Faschingsroß“ haben die älteren Leute erzählt. Gruppen in Hexenverkleidung mit Besen machten die Straßen zu bestimmten Tagen unsicher. Fiktive oder auf wahren Begebenheiten basierende „Räuberbanden“, wie die vom „Kneißl“ oder vom „Boarischn Hiasl“ nahmen Gefangene, die gegen „flüssiges“ Lösegeld freigelassen wurden. Mehrfach gab es auch den „Bärentreiber“, der eine als Braunbär verkleidete Person durch die Straßen führte.
Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, etwas über örtliche oder persönliche, alte oder neue Faschingsbräuche wissen, schreiben Sie bitte an die Kreisvolksmusikpflege, Friedrich-Jahn-Straße 3, 83052 Bruckmühl (ernst.schusser@heimatpfleger.bayern).
Natürlich gibt es bis heute auch viele Sprüche und Lieder, die mit dem Fasching verbunden sind. Auch diese Dokumente musikalischer Volkskultur sammeln wir im Landkreis Rosenheim, damit sie wie die Bräuche vor dem Vergessen bewahrt werden – und auch Anregung für die Gegenwart geben. So haben wir den vielerorts bis heute lebendigen Spruch „Lustig ist die Fasenacht, wenn mei Muatter Krapfen bacht …“ mit einer in unserer Gegend überlieferten und bekannten Tanzmelodie („Kreuzpolka“) verbunden und weitere Strophen hinzugedichtet. Mittlerweile hört man das neue Lied schon im Internet und im Radio.
Wer Lust dazu hat, kann es am morgigen Faschingssamstag um 10 Uhr vormittags unter Beachtung der geltenden Corona-Regeln in Bruckmühl vor dem Büro vom Förderverein für das Volksmusikarchiv (Pfarrweg 11, beim Haus Neumaier) mitsingen. Da erklingen dann ganz zwanglos auch weitere lustige Lieder für Kinder und Erwachsene.