Wasserburg – Christian Lerch wurde 1966 in Wasserburg am Inn geboren. Nach der Ausbildung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz folgten Theaterengagements am Staatstheater Braunschweig, Stadttheater Heilbronn, Münchner Volkstheater und bei den Münchner Kammerspielen. Seit 1998 ist er als freier Schauspieler tätig, parallel dazu ist er Autor und Drehbuchautor. 2007 hat er für „Wer früher stirbt, ist länger tot“ zusammen mit Co-Autor Marcus H. Rosenmüller den Deutschen Filmpreis in der Kategorie „Bestes Drehbuch“ gewonnen.
Christian Lerch, was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, wenn man einen historischen Film dreht?
Natürlich ist es für alle Beteiligten ein herausforderndes Ziel, die Zeit um 1945 möglichst authentisch abzubilden. Bei unserem Film „Das Glaszimmer“ lag mir am Herzen, dass der Film nicht als eine Art Geschichtsunterricht daherkommt. Die größte Herausforderung für mich war, Spannung und Identifikationsmomente zu schaffen und vor allem, die heutigen jungen Zuschauer und Zuschauerinnen zu erreichen.
Wie sind Sie darauf gekommen, die Geschichte aus der Perspektive der Kinder zu erzählen?
Da ich die Geschichte von Anfang an als eine Art Abenteuerreise erzählen und auf diese Weise dem jungen Publikum einen direkten Zugang ermöglichen wollte, ergab sich im Austausch mit Tim Kuhn, unserem Kameramann, sehr bald die „Kinderperspektive“ als logischer nächster Schritt.
Wie „macht“ man filmisch die Kinderperspektive?
…den Kinderschauspielern ihren Raum lassen. Technisch: Beim Dreh vom Glaszimmer lief der ganze Filmtross immer hinter den sich bewegenden Kindern hinterher, auch mit Kameras, die man gut von oben halten kann. Die ganze Kameratechnik hierfür hatte unser Kameraassistent auf dem Rücken. Dadurch entsteht Perspektive – in jeglicher Hinsicht. Und natürlich waren auch Pädagogen und Lehrer an unserem Set. Die Kinder stehen filmisch im Zentrum und auch beim Dreh.
Wie würden Sie Ihre Hauptcharaktere Felix und Karri beschreiben?
Felix ist ein ruhiger, gleichsam tastend durch die Tage schreitender, reflektierender Junge. Er hat etwas Verträumtes, Feinsinniges und zugleich eine Sehnsucht nach Wildheit, wie er sie in seiner neuen, zugewiesenen Heimat findet. Karri hingegen ist weniger zart besaitet und reflektiert. Er hat sich eine Härte zugelegt und anerzogen bekommen, die ihn schnell Gewalt anwenden lässt. Er hält sich für den unumstrittenen Anführer der „Dorf-Gang“.
Wie haben Sie den Xari Wimbauer, den kindlichen Hauptdarsteller, gefunden?
Wie immer wurde aufwändig und sorgfältig gecastet. Xari hat etwas Zartes und Kindliches und zugleich Bestimmtes.
Ist Felix wirklich rothaarig – und hat das eine Rolle gespielt?
Ja, er ist wirklich rothaarig, es hat aber keine Rolle gespielt.
Was sind für Sie die Schlüsselmomente im Film?
Einer der wichtigsten Momente ist jener, als Karri den Vater von Felix nicht verrät, als dieser von Feik und der SS gesucht wird, er handelt seinem Herzen folgend. Auch die Situation, in welcher der wehrlose Soldat durch die Dorfgemeinschaft zu Tode kommt, ist wichtig, weil sich hier zeigt, wie eine Gruppe von Menschen durch die Verfestigung eines Feindbildes nicht im Stande ist, menschlich zu handeln.
Interview: Rainer W. Janka