Nichts ist mehr so, wie es war

von Redaktion

Premiere von „Corona Wasserburg 2020“ im Kino Utopia

Wasserburg – Peter Ludwigs Film zeigt eindrucksvoll, wie die Corona-Pandemie das öffentliche Leben in der sonst so quirligen Innstadt verändert hat. Entstanden ist eine tragisch-komische Rückblende auf den Lockdown im Wasserburger Raum, die zeigt, wie zerbrechlich und angreifbar unsere soziale Lebenswelt doch ist.

Um eines klar vorwegzunehmen: Nein, „Corona Wasserburg 2020“ ist kein Corona-kritischer Film. Weder die Gefährlichkeit von Covid-19 noch die Maßnahmen zum Infektionsschutz werden darin in Frage gestellt. Vielmehr zeigt Peter Ludwig die Folgen der Pandemie in seiner Stadt aus der Sicht des Künstlers, Filmemachers und Chronisten.

Als man Mitte März 2020 seine Wohnung nicht mehr verlassen sollte, nahm der Musiker seine Kamera und verließ das Haus. Peter Ludwig war zu allen Zeiten unterwegs, morgens, mittags abends und oft auch in der Nacht. „Man durfte ja noch frische Luft schnappen, und das Frühlingswetter war bereits so schön wie sonst im Frühsommer.“

Wasserburg zeigte sich schmuck und aufgeräumt. Die Fassaden und verwaisten Straßenzüge aber wirkten geisterhaft wie eine Filmkulisse, wo die Akteure das Set längst verlassen haben. Denn es fehlten die Menschen im Altstadtkern, rund um den Marienplatz und in der Hofstatt. Am Samstag ins Café oder auf den Markt zu gehen war vor Corona für viele Wasserburger ein Pflichttermin. Jetzt waren Gastronomie und Einzelhandel dicht. Selbst die Innbrücke, über die sich sonst schon wochentags rund 15000 Fahrzeuge durch die Altstadt quälen, war so gut wie menschenleer und autofrei. Es war gespenstisch ruhig wie zuletzt im November 1973, als in ganz Deutschland wegen der damaligen Ölkrise ein Sonntagsfahrverbot ausgerufen wurde.

Ludwig gelangen außergewöhnliche Filmaufnahmen einer Stadt, in der vor dem Lockdown das Leben pulsierte. Es sind oftmals verstörende Bilder einer Stadt, in der nichts so geblieben ist, wie es einmal war. Wasserburg wirkt darin wie die Kulisse zu einem postapokalyptischen Science-Fiction-Film. Tauchen Menschen auf, vermitteln sie den Eindruck einer No-Go-Area, wo jeder den Kontakt mit jedem scheut. Bisweilen sind auch kuriose Ereignisse dokumentiert, fremdartig und unwirklich wie Szenen aus einem surrealen Film. Eine Demo maskierter Corona-Skeptiker erinnert an einen mittelalterlichen Flagellantenzug. Sie ziehen begleitet von einem riesigen Polizeiaufgebot durch die Altstadt. Aufnahmen einer Totenfeier auf einem öffentlichen Platz wiederum stehen stellvertretend für das traurige Schicksal der Menschen aus Wasserburg, die im Zusammenhang mit Covid-19 verstorben sind.

Susan Hecker hauchte den eindrucksvollen Szenen Leben ein. Sie kommentierte die Szenen als unsichtbare Stimme im Hintergrund. Dabei erwies sich die Schauspielerin einmal mehr als brillante Erzählerin. Sie traf die richtigen Worte zwischen all den tragischen, heiter-melancholischen und manchmal durchaus lustigen Begebenheiten im Lockdown.Wolfgang Janeczka

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