Rosenheim – Der Blick ins Inntal, geebnet von sanft blühenden Wiesen, die friedliche Fraueninsel oder eine Herbststimmung am Samerberg – mit großem handwerklichem Können hielt Rudolf Sieck zu Beginn des 20. Jahrhunderts Orte und Landschaften in Inntal und Chiemgau in feinsinnigen, farbenfrohen Aquarellen, Ölgemälden, aber auch Druckgrafiken fest. Dabei erlangte er mit seinen Arbeiten sogar international Anerkennung. Die aktuelle Ausstellung „La Belle Époque –Zauber des Jugendstils“ präsentiert noch bis zum 1. Mai eine Vielzahl von Gemälden, Zeichnungen und Grafiken des multitalentierten Künstlers, dessen Lebensweg ganz bodenständig im Rosenheimer Eisenbahnerviertel begann.
Als eines von vier Kindern kommt Rudolf Sieck 1877 in der Münchener Straße zur Welt. Der Sohn eines Lokomotivführers sollte nach dem Willen der Eltern eine kaufmännische Laufbahn einschlagen, die er zunächst an der Rosenheimer Kunstmühle begann. Doch nach dem Besuch einer Alfred- Böcklin-Ausstellung in Basel beschließt der junge Kommis, der bis dahin nur in seiner Freizeit Karikaturen und Zeichnungen angefertigt hatte, kurzerhand seinem inneren Drang zu folgen und Künstler zu werden. 1898 schreibt er sich in München an der Kunstgewerbeschule ein. Bereits ab 1902 ist er in unterschiedlicher Intensität immer wieder in den Münchener Jahresausstellungen im Glaspalast vertreten und ist verbunden mit der Münchener „Secession“, die eine völlig neue, junge Ausrichtung der Kunst (später Jugendstil genannt) anstrebte. Auch an Ausstellungen der „Phalanx“-Gruppe ist er beteiligt und stellt hier gemeinsam mit Künstlergrößen wie Wassily Kandinsky oder Alfred Kubin aus.
Typisch für die Zeit des Jugendstils, die die starre Trennung künstlerischer Gattungen zu überwinden suchte, tat sich Rudolf Sieck dabei keineswegs nur in der Malerei hervor, sondern war etwa auch als Karikaturist, (Werbe-)Grafiker sowie Gestalter von Gebrauchsgegenständen aktiv und erfolgreich. So gehörte er über mehrere Jahre zu den Mitarbeitern der spitzzüngigen Münchener Satirezeitschrift „Simplicissimus“ und schuf zudem zahlreiche Illustrationen für die berühmte Kulturzeitschrift „Jugend“, die mit gekonnter Verknüpfung hochwertiger Kunst und Unterhaltung erfolgreich wurde und letztlich einer ganzen Stilrichtung in Deutschland ihren Namen verlieh.
Auch die Königliche Porzellan Manufaktur Nymphenburg erkannte das Talent des Rosenheimers und beauftragte ihn als Gestalter für ihr wertvolles Porzellan. Seine Entwürfe – allen voran das Dekor „Kapuzinerkresse“, das aktuell in der Städtischen Galerie Rosenheim zu sehen ist – werden dort bis heute sehr geschätzt.
Die Ausstellung „La Belle Époque – Zauber des Jugendstils“ in der Städtischen Galerie Rosenheim ist noch bis einschließlich 1. Mai zu sehen, Dienstag bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr.