Vom außergewöhnlich Gewöhnlichen

von Redaktion

Ausstellung „Spuren der Zeit“ von Fotokünstler Martin Waldbauer im Ganserhaus

Wasserburg – Mit einem ungezwungenen Künstlergespräch vor der Galerie begann die Ausstellung des Fotokünstlers Martin Waldbauer, den der „Arbeitskreis 68“ ins Ganserhaus eingeladen hat. Aus dem Zwiegespräch zwischen Waldbauer und der Zweiten Vorsitzenden des Arbeitskreises 68, Katrin Meindl, entwickelte sich alsbald eine Fragerunde, an der sich etliche Besucher rege beteiligten. Waldbauer gab dabei einen Einblick in sein rein analoges Schaffen, das ohne Wissen um das Handwerk, das hinter jedem seiner Lithprint-Unikate steckt, nicht vollumfänglich greifbar ist.

Einblick in
die Entstehung

Er gab Einblick in die Entstehung einiger seiner Porträts – wie das von Max, dem Lastwagenfahrer, der ihm auf einer engen Landstraße in seinem Lkw entgegenkam. Dessen blaue Augen faszinierten Waldbauer auf Anhieb. Er folgte ihm, stellte sich vor und konnte ihn dazu überreden, sich von ihm porträtieren zu lassen. Jetzt ziert Max das Plakat zur Ausstellung. „Der erste Eindruck ist wichtig, der zweite durch den Sucher ist der entscheidende“, so Waldbauer.

Martin Waldbauer sucht immer nach Menschen, die ihm etwas „abgeben“, wie er selbst erklärt. Was das ist, kann er selbst nicht genau in Worte fassen. Seine Handabzüge entstehen in der eigenen Dunkelkammer auf bis zu 80 Jahre altem Barytpapier – immer nach Gefühl, immer neu interpretiert. Die Abzüge eines Motivs unterscheiden sich in Nuancen und sind immer ein Unikat. Jede Fotografie ist auf maximal fünf Stück Abzüge begrenzt.

In den Galerieräumen präsentiert Waldbauer sein Gesamtwerk in imposanter Weise. Das Besondere an seinen Arbeiten ist, dass die Motive an sich vielen als durchaus „gewöhnlich“ erscheinen würden: Personen aus dem Alltag, Arbeiter, Männer, die er zufällig am Wertstoffhof trifft, Stillleben von verwelkenden Blumensträußen, die Serie Sturmholz, die in einem Waldstück ganz in der Nähe seines Heimatortes entstand, oder alte zerfallene Zäune in einer Winterlandschaft. All dies hat wohl jeder Besucher schon einmal gesehen, jedoch blieb ihnen der besondere Blick darauf durch Waldbauers Augen bis zur Vernissage verwehrt.

Durch jahrelange Arbeit in der Dunkelkammer und das Optimieren seiner Technik ist Waldbauer in der Lage, seinen besonderen Blick auf das Gewöhnliche durchaus außergewöhnlich und expressionistisch darzustellen. Seine Arbeiten beeindrucken auf den ersten Blick, hallen aber in den Köpfen der Betrachter noch lange nach.

Einzigartig
in der Form

Waldbauers Blick für das „Besondere im Unscheinbaren“ ist faszinierend und durch seine Darstellung der Motive und deren Ausarbeitung wohl auch einzigartig. Eine wahre Bereicherung weit abseits des Mainstream und Social-Media-Contents, der heute leider für viele der Maßstab ist, an dem es sich zu messen gilt. Waldbauer zeigt mit seinen 35 Jahren, wie man das Wahrhaftige dieser Welt erkennen kann. Jeder, der sich selber von dem außergewöhnlichen Schaffen des Künstlers überzeugen will, kann dies noch bis zum 22. Mai in der Galerie im Ganserhaus tun – eine absolute Empfehlung.

Artikel 4 von 9