Eine emotionale Achterbahnfahrt

von Redaktion

Briefwechsel zwischen Paul Celan und Ingeborg Bachmann bei der Goethe-Gesellschaft

Rosenheim – Weihnachten 1949 schreibt die Dichterin Ingeborg Bachmann an Paul Celan: „Ich hab dich heute lieb und so gegenwärtig. Das will ich Dir unbedingt sagen,- damals hab ich es oft nicht getan.“ Die schwierige Liebesbeziehung zwischen den beiden bedeutendsten deutschsprachigen Dichtern nach 1945 hat der Schauspieler, Sprechtrainer und Rezitator Martin Pfisterer in seiner Lesung „Herzzeit“ lebendig werden lassen. Pfisterer las auf Einladung der Goethe-Gesellschaft Rosenheim ausgewählte Briefe von Bachmann und Celan im Theater am Markt Ost.

Pfisterer gelang es augenblicklich, die Höhen und Tiefen der Beziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan im richtigen Tonfall wiederzugeben. Mal zärtlich und einfühlsam, dann wieder enttäuscht und verzweifelt und voller Bitternis kämpfen die Liebenden um die Zuneigung des anderen. Die Briefe sind das Zeugnis zweier Menschen, die sich liebten, aber gleichzeitig verletzten, die einander brauchten und doch nicht miteinander leben konnten. Fast zwanzig Jahre kämpften sie in ihren Briefen um die Liebe und Freundschaft des anderen.

Ingeborg Bachmann und Paul Celan ringen in ihren Briefen immer wieder um die Sprache und hadern mit dem Wort. Manche Briefe sind hart und schonungslos, werden aber oft nie oder viel später abgeschickt, denn beide scheinen zu wissen, dass die inzwischen vergangene Zeit den Inhalt ihrer Briefe abmildert. Manches Mal schreiben sie sich nur Telegramme, die ausführliche Briefe ankündigen.

Beide sind sich über die Bedeutung ihrer Begegnung füreinander bewusst und erkennen den hohen poetischen Rang des anderen. Für beide ist es aber aufgrund von Empfindlichkeiten, Fehldeutungen und Missverständnissen fast unmöglich, eine lebbare Form für ihre Beziehung zu finden. Die Liebenden erleiden eine emotionale Achterbahnfahrt, die nicht ohne überspannte Erwartungen und Kränkungen auskommt.

Ingeborg Bachmann und Paul Celan, die beide für die Dichtung lebten, konnten letztlich nicht zueinander finden. Am 17. November 1959 schreibt Celan resigniert an seine Geliebte: „Ich bin in Sorge um dich, Ingeborg.- Aber Du musst mich verstehn: mein Notschrei- Du hörst ihn nicht, bist nicht bei Dir (wo ich dich vermute), bist … in der Literatur.“Georg Füchtner

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