Bernau – Zu äußerst spannenden Betrachtungen über mythischen Geschichten und ihre erhellenden Bezüge zur Gegenwart animiert eine Ausstellung in der Galerie Marah Art in Bernau. Noch bis 3. Juni zeigt dort die Chiemgauer Künstlerin Sophia Kirst in ihrer ersten Soloausstellung Bilder und Installationen unter dem geheimnisvollen Namen „Audhumbla“.
Auf den ersten Blick zu erkennen sind die Umrisse verschiedener Kühe in unterschiedlichen Haltungen, Ausschnitten und Perspektiven. Die leuchtkräftigen, ineinander verlaufenden Farben voller Lebendigkeit laden dazu ein, sich Details aus der Nähe anzuschauen. Die irisierenden Farbverläufe zeugen von einem bestimmenden Stilmerkmal von Kirsts Werken. Die 35-Jährige lässt verschiedene Tuschen so mit Wasser reagieren, dass die Strukturen wie Momentaufnahmen lebendiger Schöpfungsprozesse wirken. Aus den Kühen wird so gleichsam ein kulturenübergreifendes Totemtier, das unterbewusste Botschaften transportiert.
Die Motive sind nicht ohne Hintergedanken gewählt. Sind Kuhgottheiten doch seit altersher mit Schöpfungsmythen verbunden. Bewegt von Eindrücken einer Islandreise, von kalbenden Gletschern und Anzeichen der Klimaerwärmung, schlug Kirst den Bogen zu „Schöpfungen“ unserer Gegenwart. Etwa zur Degradierung der Lebensspenderin Kuh als reine Hochleistungsmaschine für die seelenlose Massenproduktion von Milch und Fleisch. Von dort ist es angesichts der lebensverachtenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche nur ein kleiner Schritt zur „Muttermilchwirtschaft“.
Zur Ausstellung ist ein Buch erschienen. Geöffnet ist die Galerie Marah Art, Chiemseestraße 20 am Dienstag, Donnerstag und Freitag von 14 bis 18 Uhr sowie am Donnerstag von 10 bis 12 Uhr. Eine Finissage mit der Künstlerin ist am Freitag, 3. Juni. Axel Effner