Ein Panorama menschlicher Attituden

von Redaktion

Ausstellung in der Galerie Markt Bruckmühl zeigt Karikaturen und Cartoons

Bruckmühl – 81 Exponate von sechs Karikaturisten und Cartoonisten sind derzeit in der Galerie Markt Bruckmühl zu sehen: geistvolle Unterhaltung vom Feinsten. Als Kurator war der langjährige künstlerische Beirat der Galerie, Herbert Klee, tätig.

Ein zentral aufgehängtes Bild erinnert an die Schrecknisse des Krieges in Osteuropa. Es trägt den Titel „Demokratieexperte“ und zeigt Gerhard Schröder mit Blindenarmbinde, -stock und dunkler Brille. Durch eine gänzlich zersplitterte Lupe versucht er, etwas zu finden, nämlich die Lupenreinheit seines Demokratieverständnisses. Hinter Schröder an der Wand hängt ein Porträt des von oben herabblickenden Putin.

Hans Reiser aus Reichersbeuern hat dieses Doppelporträt lebensecht in Szene gesetzt, und den Betrachter überkommt ein Frösteln. Weitere Werke von Reiser wenden sich ironisierend bayrischem Wesen zu und tragen entsprechende Titel: Haumdaucha, Zwidawurzn, Heislschleicha und mehr. Leonardo da Vinci erhält eine lebensechte Darstellung unter dem Titel „Da Vinschgerl Hardl“.

Tierische
Gestalten

Seit jeher geläufig in der Karikatur ist die Darstellung des Menschen in Tiergestalt. Dies praktiziert Cornelia Heinzel-Lichtwark aus Schliersee, allerdings nicht in Form von Zeichnungen, sondern in der von Skulpturen. Sie sammelt alles, was sie in der Natur für ihre gestalterische Arbeit finden kann: Geweihe, Steine und Hölzer. Daraus formt sie skurrile Figuren, die in menschliche Rollen schlüpfen. Wunderbares Beispiel dafür ist die Arbeit „Bayerisches Rundfunkballett“. 15 Balletttänzer neigen und wiegen sich im Tanz. Was Junghirsch und Reh am Kopf tragen, wird bei den Tänzern zu Beinen, lang, schmal und elegant gebogen. Die bemalten Köpfe bestehen aus gebrannter Modelliermasse, und um ihre Herkunft nicht vergessen zu lassen, tragen die Köpfchen Tierohren. Und der Clou: Kann man ein Ballett im Rundfunk sehen? Im Dachgeschoss hängen, ergänzend zu weiteren Skulpturen, Zeichnungen von Heinzel-Lichtwark mit ähnlicher Thematik.

Jörg Hornberger aus München beschäftigt sich mit der menschlichen Physiognomie auf unterschiedliche Weise. So gibt es eine Bleistiftzeichnung, die gekonnt ein Gesicht in einen Körper übergehen lässt mit dem Titel „Gesicht – wozu?“. Ein längeres Hinsehen lohnt sich bei dem Wimmelbild „Big Party“. Auf gelbem Untergrund tummeln sich hundert und mehr Menschen, und feiern: Essen und Trinken gibt’s in unüberschaubaren Mengen, zudem Tanz und Ausgelassenheit. Jemand hat ein dreigeschossiges Sandwich im Mund, ein anderer schaukelt im Kronleuchter, Vergnügen auf die Spitze getrieben. Und immer kann man noch ein weiteres liebevoll gezeichnetes Detail entdecken.

Der vor wenigen Jahren verstorbene Engländer Brian Bagnall aus München lässt die Köpfe von Menschen, zumeist von Prominenten vor dem Auge des Betrachters entstehen. In Mischtechnik mit kräftigen Farben hält er die Gesichter fest und gibt ihnen durch malerische Ergänzung das für sie Typische: an Dalis ausgeprägtem Bärtchen pendelt die geschmolzene Uhr, aus Samuel Becketts Kopf winden sich Buchstaben und Wörter heraus. Die Marx Brothers – in diesem Falle die nicht verwandten Groucho und Karl – neigen sich einander zu. Gefährlich nahe kommt Grouchos Zigarre dem üppigen Bart von Karl Marx, man ahnt, dass er bald Feuer fangen könnte.

Die Aquarelle von Papan (Manfred von Papen) aus München lassen laut auflachen. Kleine Gestalten sind in seinen Bildern zu Hause, sorgfältig mit Tusche und Aquarell aufs Bild gezaubert. Per Sprechblase verkünden sie ihre Botschaften. So rauscht ein Engel mit Flammenschwert auf eine Parkbank zu und verkündet: „Ich kämpfe gegen das Böse in der Welt!“ Eine kleine Frau auf der Bank fragt hoffnungsvoll: „Auch gegen mein Übergewicht?“

Meister der
Porträtmalerei

Helmut Vogl aus Salzburg ist ein Meister der Porträtmalerei. In der Themenreihe „Orgasmen“ stellt er uns die Prominenz vor: Thomas Gottschalk, Robert Redford, Uschi Glas und Boris Becker, man erkennt sie alle.

Aus der Reihe tanzt eine feine Tuschezeichnung von Vogl mit dem Titel „Schrott und Rad“. Unabsehbar hoch türmen sich Schrottautos zu einem Gebirge, durch das sich eine Straße windet. Auf dieser Straße fährt seelenruhig ein Radfahrer bergan. Man fragt sich: Was ist nun Anachronismus, der Radler oder die Autoberge?

Die Ausstellung bietet ein großes Panorama menschlicher Attituden, und gleichzeitig die Erkenntnis, auf wie vielfältige Weise sich diese darstellen lassen.

Bis 26. Juni

Die Ausstellung in der Galerie Markt Bruckmühl,

Sonnenwiechser Straße 12, ist bis zum 26. Juni zu sehen. Geöffnet ist mittwochs von 14 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Weitere Infos unter www.galerie-bruckmuehl.de, Telefon 08062/ 5307.

Definitionssache

Cartoon und Karikatur, zwei Begriffe aus der Kunst, die einander nahestehen und doch Unterschiedliches beinhalten. Bei einem Cartoon wird eine Geschichte im Bild dargestellt, augenzwinkernd, humorvoll und oft zum besseren Verständnis durch ein paar Worte in einer Sprechblase ergänzt. Anders die Karikatur: Hierbei handelt es sich um eine treffsichere Zeichnung, die Personen des öffentlichen Lebens zum Thema hat. Dabei wird die Darstellung der Gestalt überzogen, ein einzelnes Merkmal stark übertrieben, für bisher noch nicht Wahrgenommenes werden die Augen geöffnet. Eine Karikatur erscheint als zeichnerischer Kommentar in den Medien, um eine politische oder sozialkritische Situation zu erhellen.

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