Hommage an den blauen Dunst mit einer Rauch-Performance

von Redaktion

Ausstellung „Charakter und Geschmack“ in der Rosenheimer Kunstmühle kombiniert Kippen und Kulinarik

Rosenheim – Der „blaue Dunst“ – bereits auf dem Ausstellungsplakat schraubt er sich in einigen Windungen in die Höhe, zunächst als stabile Rauchsäule, dann mit einigen Verwirbelungen, um sich letztlich zu verteilen und zu verlieren. „Jemandem blauen Dunst vormachen“ – die Redewendung spielt laut Duden darauf an, jemandem etwas vorzugaukeln, quasi mit der Wirklichkeit zu spielen. Um solchen spielerischen und auch humorvollen Umgang mit dem Thema Rauchen ging es den Künstlern Olaf Metzel und Tobias Rehberger mit ihrer Ausstellung „Charakter und Geschmack“, die der Kunstverein in seinen Räumen in der Kunstmühle zeigt. Mit viel Augenzwinkern und Selbstironie haben die Macher, unterstützt von Kurator Florian Waldvogel, provokante Bilder mit der Kombination aus Kippen und Kulinarik, eigene kleine Plastiken und gesammelte Gegenstände rund um das Thema des Rauchens witzig arrangiert. Ein großer alter Steh-Ascher prangt links des Eingangs, den Raum teilt und dominiert ein langes Brett mit kleinen Formen und Objekten – auch so lässt sich mal mit der Innenarchitektur umgehen. Viele bunte kleine Knetfiguren als kindliche, provisorische Aschenbecher – dann professionell hergestellte Ascher, wohl in jahrelanger Sammeltätigkeit zusammengetragen. Darunter sind einige Highlights, die die Lunge besonders erfreuen: Ein dreieckiger „Cinzano“-Aschbecher wie aus italienischen Mafiaserien, Spinnen und Maßkrüge als Behältnis und sogar einer vom „NYPD“, also vom New York Police Department. Alles gesichert, damit es nicht wegkommt. Der Clou: Das Fußballstadion von Juventus Turin – vielleicht der persönliche Ascher des Ex-Trainers Maurizio Sarri, der laut Interview 60 Zigaretten am Tag rauchte. Hierzu gab es als Kommentar noch mehrere „tierische“ Stinkefinger, nämlich von einem grünen Oktopus – einer der Tentakel dient offensichtlich als Zigarettenablage und macht nicht mit beim Stinkefingerzeigen. „Humor und Kunst beziehungsweise Rauchen haben viel gemeinsam – beide fungieren als Brücke zu einer irrationalen Welt, die von Intuition und Instinkt bestimmt wird. Sie teilen auch dieselben sozialen Räume, in denen Normen, Moral und Tabus miteinander konfrontiert werden.“ So hieß es im Pressetext zur Ausstellung und deren Eröffnung, bei der Kunsthistorikerin Dr. Olena Balun vom Vorstand des Kunstvereins ausnahmsweise zu einer „Rauch-Performance“ einlud und der sich mehrere Gäste anschlossen, der anwesende mit lässiger Gestik und schmunzelnder Olaf Metzel, seines Zeichens Professor an der Kunsthochschule in München, inbegriffen. Instrumente waren auch schon aufgebaut, denn Leonie Felle und Band alias „Leonie singt“ präsentierten im Anschluss ein rhythmisches Singer-Songwriter-Programm. Wie auch bei der vergangenen Ausstellung gab es eine vermeintlich tieftraurige Nachlese von Florian Waldvogel auf eine Verstorbene zu lesen, doch wer da zu Grabe getragen worden war – bitte selber lesen. Andreas Friedrich

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