Flintsbach – Eigentlich müsste das Stück aus der Feder von Max Neal und Max Ferner von 1920 „Das scheinheilige Dorf“ heißen, denn hier hat quasi jeder „Dreck am Stecken“ und so an Aktualität nichts eingebüßt, auch wenn die Zeit zurück gedreht wurde auf das Jahr 1925. Der Bürgermeister von Scheibling, der Bäcker und der Wagner hatten vor 20 Jahren ein Techtelmechtel mit ein und derselben Frau, der schwarzen Resi aus der Holledau, die die drei Bazis über zwei Jahrzehnte ausgeschmiert und abgezockt hat, indem sie behauptete, dass die Begegnung nicht folgenlos blieb, also dass einer der drei sie im Rausch geschwängert hat.
Suche nach dem
geeigneten Mann
So haben die drei ahnungslos voneinander jeden Monat Geld überwiesen, obwohl es, wie sich am Schluss herausstellt, gar kein Kind gibt. Aber weil die Moral das Fundament des Staates ist, über das der Bürgermeister und Wegscheidbauer Simon Hilgermoser (authentisch gespielt von Bernhard Obermair) zu wachen hat, verbietet er seiner Tochter Fanni (Annalena Mayer) ihr Liebesverhältnis zum „windigen“ Lehrer Martin (Robert Nitsche) und sucht über eine „Schmuserin“ einen geeigneten Mann aus passenden Verhältnissen, mit Hof und Geld. Das passt der Fanni gar nicht, sie tauscht die Rolle mit ihrer besten Freundin Mariann (Eva Sanftl). Doch dann tauchen Briefe der drei Männer an die schwarze Resi auf, mit denen alles aufzufliegen droht. Sie gelangen angeblich in die Hände des Lehrers, der den Bürgermeister und seine zwei sauberen Spezln aus dem Gemeinderat damit zu erpressen versucht, um die Fanni zu bekommen. Auch der grantigen Wegscheidbäuerin (Heidi Sieraczewski) passt die Liäson ihrer Tochter nicht und sie verspritzt Gift, wo sie nur kann.
Besonders liebevoll gehen die drei nicht miteinander um, aber Fanni lässt sich nicht abbringen von ihrem Weg und macht wie die Mädchen von heute, was sie will. Der Vater gerät in arge Bedrängnis, als der junge Holledauer Jakob (Marinus Astner) auftaucht, denkt er doch, es ist sein Sohn. Jetzt bekommt der Bürgermeister sozusagen richtigen Stress, denn nun muss er vor seiner Frau vertuschen, was vor 20 Jahren war, den Jakob davon abhalten, sich in die Fanni zu verlieben, mit dem Lehrer kooperieren und die Briefe verschwinden lassen. Doch der Lehrer hat ja die Briefe in Wirklichkeit gar nicht, und verbrennt leere Kuverts, angeblich besagte Briefe, das „Corpus delicti“.
In der Zwischenzeit verliebt sich Fannis Freundin Mariann in den jungen Holledauer, aber der denkt, das sei die Fanni und gibt ihr glatt ein halbes Dutzend Busserln, was ihre Liebe besiegelt. Jetzt haben eigentlich alle Stress: die drei Dorfheiligen mit ihrer Mauschelei, die zwei Mädchen mit den getauschten Rollen, der Lehrer mit den falschen Briefen und Mutter Urschi mit ihrem Anspruchsdenken an den zukünftigen Schwiegersohn.
Aber wie das unter Bürgermeistern so ist, man ruft den Kollegen aus dem betroffenen Dorf an und fragt mal nach. Der Holledauer Kollege nimmt es mit der Schweigepflicht nicht so genau, gibt bereitwillig Auskunft und siehe da, der Schwindel der schwarzen Resi fliegt auf.
In der Zwischenzeit kommt der Pfarrer (Toni Obermair) mit den echten Briefen und will die Sache aufklären, doch alle Entscheidungen sind gefallen: Der Bürgermeister hat seiner Tochter Fanni und dem Lehrer Martin seinen Segen gegeben und die Mariann busselt fleißig mit dem Jakob weiter. Auch die grantige Mutter Urschi findet sich drein und lässt sogar durchsickern, dass sie all die Jahre Bescheid gewusst habe. Also haben alle ein verlogenes Spiel gespielt, obwohl es das gar nicht gebraucht hätte. Wenigstens haben die drei Dorfheiligen ihre Strafe bekommen, denn egal ob 30, 40 oder 50 Mark im Monat: In 20 Jahren kommt da schon einiges zusammen. Eigentlich schade, dass die schwarze Resi nicht persönlich auftaucht und den drei scheinheiligen Honorationen die Meinung sagt. Jetzt werden die echten Briefe verbrannt und alle feiern die Verlobung von Fanni und dem Lehrer Martin.
Spiellust
und Leidenschaft
Mit den „Drei Scheinheiligen“ haben die Flintsbacher unter der Spielleitung von Martin Obermair ein lustiges aber auch nachdenkliches Stück ausgesucht und mit viel Spiellust und Leidenschaft vom Kostüm bis zum Bühnenbau zur Aufführung gebracht. Man merkt sowohl den Schauspielern als auch den Zuschauern an, wie schön das nach der Zwangspause ist: endlich wieder Volkstheater Flintsbach.
Weitere Aufführungstermine im Juni, Juli und August und Information unter www.volkstheater-flintsbach.de oder 08034/8333.
Martina Poll