Neubeuern – Zum ersten Mal überhaupt fand bei den Meisterkonzerten im Schloss Neubeuern ein Liederabend statt. Herbert Schuch, Pianist und künstlerischer Leiter der Konzerte, wies in seiner kurzen Begrüßung auf die Bedeutung des gesprochenen und gesungenen Wortes hin, welches ein ganz wichtiger Bestandteil der musikalischen Arbeit sei. „Der Gesang“, so Schuch, „ist viel mehr in der reinen Kammermusik zu finden.“
Auf dem Programm des Liederabends standen der eher unbekannte „Liederkreis“ op. 24 und die „Dichterliebe“ op. 48 von Robert Schumann sowie von Gustav Mahler die „Lieder eines fahrenden Gesellen“. Schuchs Partner war der renommierte Bariton Thomas E. Bauer.
Die Sammlung der neun Lieder des Liederkreises op. 24 von Schumann beginnt mit der beunruhigten Frage des verschmähten Liebenden, ob seine Angebetete wohl kommen wird.
Thomas E. Bauer gelang es eindrucksvoll, mit seiner wohl tönenden Stimme in den Schlosssaal eine sehnsuchtsvoll träumerische Atmosphäre zu zaubern. Unruhige Dramatik wies nach dem zarten Lied „Morgens steh ich auf“ das zweite Lied „Es treibt mich hin“ auf, mit viel Gefühl sang Bauer das Lied „Ich wandelte unter den Bäumen“. Die Wanderung durch die Seelenlandschaft des verzweifelt Liebenden führt hin bis zur Todessehnsucht, wenn in „Lieb‘ Liebchen“ die Herzschläge des Wanderers mit dem Hämmern eines Sargbauers gleichgesetzt werden.
Schuch begleitete Bauers raumfüllenden Bariton mal weich und perlend, mal unerbittlich mit harten Akkorden. Melodisch und schmerzerfüllt ertönte schließlich das Lied „Mit Myrten und Rosen“, das Bauer voller Emphase zu Gehör brachte.
Gesanglich höchst anspruchsvoll waren die „Lieder eines fahrenden Gesellen“ von Gustav Mahler. Die Lieder schildern die Gedanken eines Gesellen, der in der Zeit seiner Wanderschaft versucht, eine unglückliche Liebschaft zu verarbeiten. Voller Weltflucht und Verzweiflung klang das erste Lied „Wenn mein Schatz Hochzeit macht“. Den scharfen Kontrast des durch die Heirat bedingten Glücks der Geliebten zum gerade daraus resultierenden eigenen Schmerz des Gesellen interpretierte Bauer kunstvoll und aufwühlend. Die bittere Wirklichkeit gestaltete der Sänger scharf akzentuiert in dem Lied „Ich hab ein glühend Messer“, als man förmlich spüren konnte, wie sich das Messer durch die Brust des Gesellen bohrt. Lyrisch und geheimnisvoll klang das letzte Lied „Die zwei blauen Augen von meinem Schatz“, das ein wenig an Schuberts Lied vom Lindenbaum aus der „Winterreise“ erinnerte.
In Schumanns „Dichterliebe“ op. 48 standen Schuch und Bauer erneut in einer klangschönen harmonischen Balance. Schuchs subtile Begleitung spiegelte stets passend den jeweiligen Gemütszustand des Liebenden wider.
Bauers facettenreichem Bariton gelang mühelos der Wechsel von zartestem Pianissimo hin zu kraftvollem Forte. Bauer sang die Lieder nicht nur, er lebte sie, was auch immer wieder an seiner Mimik und Gestik zu sehen war. Innig klang „Im wunderschönen Monat Mai“, leicht und zart „Und wüßten´s die Blumen, die kleinen“, voller tragischer Ironie war „Ein Jüngling liebt ein Mädchen“.
Aus Dank für den begeisterten Applaus des Publikums erklangen als Zugabe noch die Lieder „Stille Liebe“ und „Alte Laute“ von Schumann aus dem op. 35.
Georg Füchtner