Erl/Tirol – Gustav Mahler soll einmal gesagt haben, seinen Humor verstehe nur der Balladenkomponist Carl Loewe. Und die Musicbanda Franui aus Innervillgraten in Osttirol hat nicht nur eine geografische Affinität zu Mahler, weil sie vom Berg aus auf sein Komponier-Häuschen in Toblach schauen können, sondern auch eine musikalische: Schließlich spielen sie begeistert nächtelang Trauermärsche.
All dies hatte Howard Arman, der Leiter des Chores des Bayerischen Rundfunks, zum Anlass genommen für ein gemeinsames Projekt: Und so trafen bei den Tiroler Festspielen Erl im Festspielhaus heitere Tierlieder von Carl Loewe und anderen auf tieftraurige Abschieds- und Todes-Lieder von Mahler, alle in das so schönschräge Tongewand der zehn Musiker aus Osttirol gewandet. Das klinge manchmal wie Brechts „Dreigroschenoper“ auf Osttirolerisch, meinte des Berichterstatters angetraute Begleitung, der Berichterstatter selbst fühlte sich an die wilde Band „Russkaja“ in der Humorsendung „Willkommen Österreich“ erinnert. Den Humor hatten die Osttiroler allerdings den Münchnern voraus: Der Rundfunkchor sang gewiss technisch perfekt, mit samtweich klingenden Piani und immer gemeinsamen Absprachen, mit chorischem Wohlklang in allen Lagen – aber damit oft auch zu schön, zu perfekt, zu akademisch.
Nicht umsonst wollte Andreas Schett, der „Chef“ von Franui, immer mitdirigierend antreiben. Schaurig-schön bis verzweifelt schreiend klang‘s, wenn Franui alleine aufspielte – die Choristen hätten ruhig weniger schön, sondern fetter und „schmutziger“ singen und überspitzter artikulieren dürfen. Franui hatte immer den Schalk im Nacken, der Chor sang immer schalkfrei. So zirpten die Soprane gewiss fein in der „Nachtigall“ von Moritz Moszkowski, dann aber fetzten die Franui-Musiker schräg dazwischen. Erst bei der Wiederholung in der Zugabe kam diese Nachtigall frei tirilierend.
Ausgerechnet als es nach der Pause ans Sterben ging, wurden die Sänger lockerer, so bei den Mahler-Liedern aus „Das Lied der Erde“, die von Franui in totentanzähnliche Trauermärsche verwandelt wurden, also „franuisiert“ wurden. Und lebendig wurde der Chor in Loewes Ballade „Der Tod und die Tödin“, in der es heißt: „Die Nacht ist schön, voll Mondenschein, / heut mags nicht schwer zu sterben sein.“ Unendlich traurig-schön und doch tröstlich endete das Konzert mit „Morgen!“ von Richard Strauss: Da blühte der Chorklang üppig auf und verband sich mit den Tönen von Franui: „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen.“ Rainer W. Janka