Aschau – Schon die alten Griechen und Römer wussten, dass Musik verbindet. Sie vermag Brücken zwischen Menschen, Ländern und Kulturen zu schlagen. Durch ihre kreative Energie werden mannigfache Kräfte frei: ganz ohne Worte, allein durch das klingende Miteinander. Was fehlt, wenn die Musik schweigt, hat die Pandemie gezeigt. Sie ist noch nicht überwunden und mit ihr die Auswirkungen.
Gleichzeitig tobt seit Ende Februar in der Ukraine ein Angriffskrieg. Er stellt wiederum die Friedensordnung in Europa auf eine gefährliche Probe. Gerade in bewegten Zeiten wie diesen gilt es, die besondere Kraft und den Zauber der Musik wachzuhalten. Diesen unerschütterlichen Werten und Prinzipien fühlt sich das Aschauer Kammermusik-Festival „Festivo“ seit jeher verpflichtet, jetzt umso mehr.
Krieg in der Ukraine
berührt Programm
In diesem Jahr reichen die insgesamt sechs Konzerte von Ende Juli bis Anfang Oktober 2022. Damit müssen keine Konzerte abgesagt werden, sollte sich die pandemische Lage im Herbst und Winter erneut zuspitzen. Gleichzeitig berührt der aktuelle Krieg in der Ukraine auch das Programm von „Festivo“. Da ist das große Finale mit Gidon Kremer am Dienstag, 4. Oktober: Nach seinem Aschauer Debüt 2019 präsentiert sich der „Jahrhundert-Geiger“ diesmal im intim-privaten Foyer von Schattdecor in Thansau bei Rohrdorf. Dabei reist Kremer auch mit einem Werk an, das für ihn komponiert wurde: „Amapola“ für Violine, Cello und Klavier von Victoria Poleva. Die Komponistin stammt aus der Ukraine. Ihr neues Klaviertrio wurde 2022 uraufgeführt, kurz vor Kriegsbeginn in der Ukraine. Für „Festivo“ ist Kremer eine zentrale Bezugsgröße. Das von ihm 1981 gegründete Kammermusik-Festival im österreichischen Lockenhaus regte 1993 Johannes Erkes an, im Chiemgau sein eigenes Lockenhaus zu begründen. Eine gemeinsame Haltung im Musizieren eint „Festivo“ auch mit „Il Giardino Armonico“ und Giovanni Antonini. Bereits zum dritten Mal gastieren das Weltspitzen-Ensemble für historische Aufführungspraxis aus Italien und der Originalklang-Pionier in Aschau am Freitag, 29. Juli. Sie präsentieren diesmal ein spannendes Barock-Programm, das Vivaldi auch mit weniger bekannten Zeitgenossen konfrontiert.
Dagegen gastiert Arve Tellefsen erstmals bei „Festivo“. Der Geiger aus Norwegen hat mit vielen großen Dirigenten unserer Zeit gearbeitet. Für sein Aschauer Debüt entführt Tellefsen am Freitag, 16. September, in seine Heimat. Natürlich darf Edvard Grieg nicht fehlen, aber: Mit Johan Svendsen oder Ole Bull kommen auch zwei Zeitgenossen Griegs zu Gehör, die zu Unrecht vergessen sind. Jan Garbarek, ein bedeutender Jazz-Musiker der europäischen Szene, rundet diesen Norwegen-Trip ab.
Zuvor startet „Festivo“ am Dienstag, 26. Juli, mit einem exquisiten Kammer-Reigen. Neben dem Streichquintett KV 406 von Mozart erklingt das „Klavierquintett“ op. 44 von Robert Schumann: ein veritables Meisterwerk der romantischen Kammermusik.
Einzigartige
Musik und Ambiente
Die lyrisch-virtuose „Arpeggione“-Sonate D 821 von Franz Schubert ergänzt die „Festivo“-Eröffnung ab. Noch dazu werden zwei Programme nachgeholt, die coronabedingt verschoben werden mussten.
Da ist einerseits die Tango-Truppe von Thomas Reif am Sonntag. 2. Oktober.: Der Geiger aus Rosenheim zählte einst zu den „Festivo“-Zöglingen. Heute wirkt er als Konzertmeister beim BR-Symphonieorchester in München. Andererseits wird Mozarts „Figaro“ als „Oper im Taschenbuchformat“ nachgeholt: mit Spitzenbesetzung am Samstag, 6. August. Was bleibt, sind einzigartige Musik-Erlebnisse in ungezwungener Atmosphäre und schönstem Ambiente der Chiemgauer Alpen. Kultur und Natur als sinnliches Gesamtkunstwerk: Das ist „Festivo“.