Musik aus Parsifal in endloser Schleife dekonstruiert

von Redaktion

Wagner-Urenkel zerlegt die Werke seines Vorfahren und anderer Komponisten in einzelne Orchestergruppen

Erl/Tirol – Löblich ist es von Bernd Loebe, dem Künstlerischen Leiter der Tiroler Festspiele Erl, dass er Experimente ermöglicht – auch wenn sie einen ratlos zurücklassen wie bei „Atem“ von Antoine Wagner.

Wenn man wie er der Ururenkel von Richard Wagner ist, kann man sich Wagners Musik anscheinend nur dekonstruktivistisch nähern. In seiner Videoinstallation lässt Wagner jede Instrumentengruppe für sich ihre Noten des „Parsifal“-Vorspiels spielen, wozu auf einer großen Leinwand Videos abgespielt werden, die in Schwarz-Weiß anfangs unwirtliche Gegenden zeigen wie das Geröll, Hochgebirge und einen Gletscherbach, dazwischen zwei Mantelmenschen auf Schneeschuhen: auch eine Art Winterreise. Ein junges Wesen findet Samen für neue Vegetation, die dann bunt aufblüht und mit animierten Baumstrünken vegetabil wuchernd die Leinwand flutet. Alles wirkt schwer bedeutsam, mystisch und irgendwie mythologisch.

Dazu wird – neben Liszts Klavierstück „Lugubra Gondola“ – eben das Parsifal-Vorspiel gespielt, dekonstruiert, analysiert und in die Orchestergruppen zerlegt, die jeweils separat beleuchtet werden. Dazu, durchaus als nicht nur akustische Überraschung und Überrumpelung, die Pauken und Gralsglocken aus der Verwandlung und von hinten zwei Harfen mit Musik aus dem 3. Akt. Erstaunliche Erkenntnis ist, dass Wagners Musik auch so funktioniert, trotz der Endlosschleife. Das liegt zum großen Teil an dem Dirigenten Beomseok Yi, der das Festspielorchester mit ruhiger und klarer Gestik zu glühender Intensität führt.

Wenn die Streicher ihren Part beginnen, öffnet sich das Zuhörerherz. Trotzdem bleibt man als Zuhörer als tumber Tor zurück und nicht wie Parsifal als durch Erkenntnis reiner Tor. Rainer W. Janka

Artikel 8 von 8